Zwist zwischen Griechenland und Türkei spitzt sich weiter zu
Der Zwist zwischen Griechenland und der Türkei spitzt sich weiter zu. Nachdem der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan Griechenland am Samstag vorgeworfen hatte, die Demilitarisierung der Ägäis-Inseln zu missachten, reagierte die griechische Regierung verstimmt. Die Türkei gefährde mit ihren ständigen Provokationen den Zusammenhalt der NATO, hieß es. Und das zu einem besonders gefährlichen Zeitpunkt.
Wie das Außenministerium in Athen am Wochenende ankündigte, werde Griechenland "auf die täglichen und in einer grenzenlosen Abwärtsspirale immer empörenderen Äußerungen und Drohungen aus der Türkei nicht weiter eingehen". Vielmehr werde die griechische Regierung ihre "Verbündeten und Partner über den Inhalt der provokanten Äußerungen der vergangenen Tage informieren, um deutlich zu machen, wer den Zusammenhalt unseres Verteidigungsbündnisses in einer besonders gefährlichen Zeit gefährdet", wurde unter offenbarem Verweis auf den Ukraine-Krieg mitgeteilt.
Das Ministerium hielt auch fest, dass Griechenland auf der Grundlage des Völkerrechts und des Seerechts weiterhin als Stabilitätsfaktor und Sicherheitspfeiler für die gesamte Region fungiere.
Bedrohungen
Nach einem Vorfall im Luftraum über der Ägäis hatte Erdogan Griechenland Konsequenzen angedroht. Athen werde einen "hohen Preis" zahlen, wenn es weiterhin den türkischen Luftraum verletze und türkische Kampfjets über der Ägäis "bedrängt", sagte Erdogan am Samstag bei einer Kundgebung in der Stadt Samsun am Schwarzen Meer.
Am vergangenen Wochenende hatte Ankara Griechenland eine "feindliche Aktion" gegen türkische Kampfflieger vorgeworfen. Dabei habe die griechische Armee ein aus Russland stammendes Luftabwehrsystem genutzt, um die türkischen Kampfflieger per Radar zu verfolgen, hieß es. In seiner Rede warf Erdogan Griechenland nun vor, es versuche, die Türkei mit dem Raketensystem "S-300 zu bedrohen".
Verschärfter Ton
Griechenland und die Türkei sind Bündnispartner in der NATO, ihre Beziehungen sind aber schon seit Jahrzehnten von großen Spannungen geprägt. In der Ägäis und im östlichen Mittelmeer streiten die Türkei und Griechenland um Abgrenzungen maritimer Wirtschaftszonen sowie um meist mit Rohstoffvorkommen verbundene Hoheitsrechte und Gebietsansprüche bezüglich diverser ägäischer Inseln.
Beide Seiten werfen einander regelmäßig die Verletzung von Grenzen und Verträgen vor. Fast täglich gibt es zudem Aufklärungsflüge beider Länder vor allem rings um die griechischen Inseln nahe der türkischen Küste.
Die Türkei hatte zuletzt den Ton gegenüber Griechenland deutlich verschärft. Die Regierung in Ankara stellte die griechische Souveränität über mehrere Ägäis-Inseln infrage und legte ihre Kontakte zur griechischen Regierungsspitze auf Eis.
Ankara behauptet, die Ägäisinseln seien Griechenland im Rahmen der Verträge von 1923 und 1947 unter der Bedingung überlassen worden, dass es sie nicht bewaffnet. Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu erklärte wiederholt, Athen beharre auf einer Militarisierung der Inseln. Daher könne die Türkei die griechische Souveränität über die Inseln infrage stellen. Der konservative griechische Premierminister Kyriakos Mitsotakis bezeichnete hingegen die Vorwürfe sowie die Haltung der Türkei in dieser Frage als "völlig absurd".