Lust auf oesterreich

Waldviertel: Eine Musicbox als Highlight in Großpertholz

Über Bad Großpertholz gäbe es einiges zu erzählen. Weil es dort, an der eiskalten Lainsitz, noch eine Papiermühle gibt. Früher wurden Lumpen und Hadern eingeweicht, zerstampft – und aus der Bütte mit dem Gatsch schöpfte man Blatt für Blatt. Heute ist das schwieriger, da synthetische Fasern ungeeignet sind. Über Großpertholz mit seinem Schloss und dem Moorbad ließe sich also viel erzählen. Über das wenige Kilometer entfernte Steinbach hingegen nichts. Man fährt nur durch – auf dem Weg nach Weitra.

Auffällig aber ist ein Gasthaus mit einer Fassade in unschönem Gelb. Die „Lower Austrian Film Commission“ listet das Gasthaus der Christiane Winter aber in ihrem „Location Guide“ auf. Vielleicht will ja wieder jemand ein neues „Hinterholz 8“ drehen. Versehen wurde das Gebäude mit den Attributen „gelb“, „bäuerlich“ und „gewöhnlich“. Bäuerlich und gelb stimmen. Aber gewöhnlich? Mitnichten!

In der rustikalen Gaststube steht tatsächlich eine Jukebox aus den 1980ern. Sie fordert mit der aufgedruckten Erklärung „digital microcomputer stereophonic music system“ Respekt ein. Ihr Vater, erzählt die Wirtin, habe sie gekauft und befüllt – mit Sweet und Smokie, Joe Cocker und Queen. Auch einige grausame Schlager kann man auf den kleinen, handbeschriebenen Täfelchen entziffern.

Jahrelang sei die Musicbox im Keller gestanden. Und dann entschloss sich die Wirtin, sie reparieren zu lassen. Weil die Scheiben jene von einst seien, kann es schon vorkommen, dass die Nadel hängen bleibt. Aber das Wunderwerk geht! Die Wirtin, die übrigens hervorragende Hausmannskost anbietet, holt unter dem Tresen eine alte Zehn-Schilling-Münze hervor. Und der Gast darf z. B. den Code für „I Got You Babe“ von Sony & Cher drücken.

Winter’s Gasthaus  
Christiane Winter verkocht Salat, Kartoffeln und Gemüse aus eigenem Anbau, gh.winter@aon.at

Papiermühle Mörzinger
Nur Samstag und Sonntag geöffnet von 14 bis 20 Uhr, Führung samt Selbstschöpfen gegen Voranmeldung, papiermuehle.at

Stierhüblteich
Mitten im Nordwald-Moor, äußerst idyllisch mit Jausenstation (Würstel, Mohnzelten, Getränke), liegt der Stierhüblteich

Peter Handke hätte seine ganz besondere Freude. Denn 1990 veröffentlichte er einen „Versuch über die Jukebox“, quasi einen Nachruf: „Die Box spielte, aber er wartete wie immer auf die von ihm selbst gedrückten Nummern; dann erst war es richtig. Auf einmal, nach der Plattenwechselpause, die, mitsamt ihren Geräuschen dem Klicken, dem Suchsurren, hinwärts und herwärts durch den Gerätbauch, dem Schnappen, dem Einrasten, dem Knistern vor dem ersten Takt –, gleichsam zum Wesen der Jukebox gehörte, scholl von dort aus der Tiefe eine Musik, bei der er zum ersten Mal im Leben, und später nur noch in den Augenblicken der Liebe, das erfuhr, was in der Fachsprache ,Levitation‘ heißt.

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