Salzburg: Tiefe Einschnitte
Von Oliver Scheiber
Jahrtausende lang hat sich das fließende Wasser immer tiefer und tiefer in den Fels gegraben. Unaufhörlich, Millimeter für Millimeter. Und das Ergebnis ist beeindruckend. Klammen zählen sicher zu den erstaunlichsten Naturphänomenen, die es gibt. Den tiefen Schluchten wohnt ein ganz besonderer Zauber inne.
In Salzburg gibt es eine Vielzahl von Klammen, jede für sich eine Reise wert. So verbergen sich im Umkreis von nur zwei Kilometern im Salzburger Saalachtal drei außergewöhnliche Naturdenkmäler, die „Saalachtaler Naturgewalten“. Zwei davon sind Klammen.
Seisenbergklamm
Vor etwa 12.000 Jahren, am Ende der letzten Eiszeit, begann die Entstehungsgeschichte der in Weißbach bei Lofer gelegenen Seisenbergklamm. 1831 errichteten Holzknechte einen Triftweg durch die 600 m lange Klamm, um Holz zu transportieren. Heute durchwandert man die Klamm auf bestens ausgebauten Stegen. Die beeindruckende Dunkelklamm sowie der Klammgeist mit den interaktiven Stationen machen den Besuch besonders für Familien zu einem Erlebnis. Die Klamm kann direkt vom Ortszentrum in Weißbach aus in etwa einer Stunde besichtigt werden.
Vorderkaserklamm
Quasi gleich ums Eck auf der anderen Seite der Straße ist die zweite. Schon der Weg zur Vorderkaserklamm zwischen Weißbach und St. Martin ist ein besonderes Erlebnis. Bereits am Eingang in die Klamm begrüßen zwei lebensgroße Mammuts die Gäste. Sie sind Teil des Steinzeit-Erlebnisweges, der auf einer Strecke von zwei Kilometern eine spannende Mischung aus informativen Tafeln, Figuren aus der Steinzeit, Kletter- und Seilstationen aus Holz und Spielplätzen bietet. Und am Ende des Weges wartet ein echter Geheimtipp. Die naturbelassenen Badeseen bieten gerade im Hochsommer eine echte Abkühlung und sind dank Flößen vor allem für Kinder ein unvergessliches Erlebnis. Vor dem Einstieg in die 400 m lange Klamm kann man noch einen interessanten Orchideenweg begehen, wo von Mai bis August 15 verschiedene Orchideenarten wachsen. Doch zurück zur Klamm. Vor ca. 13.000 Jahren begann der Ödenbach sich in den Fels zu fräsen. Die Charakteristik ist dabei völlig anders als bei der Seisenbergklamm, alles ist hier etwas steiler und schroffer.
Wenn man schon in der Gegend ist, sollte man sich auch die Lamprechtshöhle, eines der größten Höhlensysteme Europas nicht entgehen lassen. Der für Besucher erschlossene Schauhöhlenteil führt auf bequem begehbaren Steiganlagen rund 600 m in den Berg hinein. Ein Tipp vor allem an Regentagen.
Sigmund-Thun-Klamm
Weiter durch das Saalachtal und das Salzachtal kommt man nach Kaprun, wo sich die Sigmund-Thun-Klamm befindet. Hier könnte man vor dem Einstieg in die Klamm auch noch kurz einen Abstecher in das Informationszentrum des Kraftwerks Kaprun machen. Die Ausstellung bietet Filmbeiträge zum Thema Stromerzeugung aus Wasserkraft, Mythos Kaprun, Geschichte und Technik. Der Eingang zur Klamm ist nur ein paar Minuten davon entfernt. Die Kapruner Ache fräste sich auf ihrem 320 m langen Weg durch festen Fels und Gestein und formte Strudelköpfe, Glättungen und Kölke. Ein Spazierweg über bestens befestigte Holzstege lädt Groß und Klein auf einen Ausflug in diese magische Klamm ein. Apropos magisch: Ab 17. Juni finden regelmäßig die „Klammlichter“ statt. Dabei wird die Sigmund-Thun-Klamm auf magische Art und Weise beleuchtet und erstrahlt so in einem einzigartigen Glanz. Am anderen Ende der Sigmund-Thun-Klamm wartet der glasklare, türkis schimmernde Klammsee Kaprun, einer der schönsten Seen der Region. Ein Rundwanderweg mit Infotafeln bringt Ihnen die Tier- und Pflanzenwelt der Alpen näher, auf der anderen Uferseite gibt es einen Kinderspielplatz sowie einen Fitnessparcours.
Kitzlochklamm
Für die nächste Klamm begeben wir uns nach Taxenbach, am anderen Ende des Pinzgaus. Die Rauriser Ache hat in jahrtausendelanger Arbeit die Kitzlochklamm geschaffen. Idyllische Buchten und zerklüftete, meterhohe Gesteinswände ziehen Naturliebhaber von Mai bis Oktober in ihren Bann. Stege und Tunnel, teilweise aus dem 16. Jahrhundert, erschließen die Klamm für Wanderer und Spaziergänger bis zur idyllischen Einsiedelei. Eine Aussichtsplattform, das „Klammauge“, ermöglicht den Blick in die Tiefen der Klamm. Eine spektakuläre Brücke hoch über dem tosenden Wasser verspricht dabei Nervenkitzel für die gesamte Familie. Ein beeindruckendes Naturjuwel und ein weiteres Kunstwerk aus Wasser und Stein ist die Tropfsteinhöhle. Einen Adrenalinkick der anderen Art bietet der Kitzklettersteig, ein moderner, rassiger Klettersteig in der Klamm.
Liechtensteinklamm
Für die nächste Klamm verlassen wir den Pinzgau und begeben uns nach St. Johann im Pongau. Die Liechtensteinklamm am Eingang ins Großarltal ist eine der längsten und tiefsten Schluchten in den Alpen. Bereits 1875 faszinierte dieses alpine Naturschauspiel die Menschen so sehr, dass die Schlucht, durch eine Spende von Fürst Liechtenstein, für die breite Öffentlichkeit mit Brücken und Stegen als Sommer-Ausflugsziel zugänglich gemacht wurde. Die Anlagen wurden erst 2020 generalsaniert und bieten als Highlight die imposant angelegte Treppenanlage „Helix“, eine Wendeltreppe aus Stahl, die bis zu 30 m in die Tiefe führt. Am Ende der Klamm tost ein Wasserfall ins Tal.
Salzachklamm
Und zum Schluss noch ein Geheimtipp: die Salzachöfen in Golling, am Übergang zwischen Tennen- und Hagengebirge. Die fast zwei Kilometer lange und bis 80 Metern tiefe Klamm wurde von der Salzach geformt und ist an ihrer engsten Stelle nur wenige Meter breit. Das imposante Schauspiel kann man sich auch von oben ansehen: Mit dem 800m langen Flying Fox geht es im Tiefflug über die tosende Wassergischt der Salzachöfen.
Lust auf eine Klamm bekommen?
- Klammen entwickeln sich ständig weiter. So fräst auch heute noch in mancher Klamm das Wasser 5 bis 6 mm Gestein jährlich aus dem Fels.
- Die Anlagen der Seisenbergklamm wurden zwei Mal durch Hochwasser völlig zerstört (1916 und 1940) und waren dadurch jahrelang nicht begehbar.
- Mit 4.000 Metern ist die Liechtensteinklamm eine der längsten Klammen in den Alpen. Rund 1.000 Meter sind dabei für Besucher zugänglich. Bis zu 300 Meter tief hat sich das Wasser in den Fels gegraben. Benannt wurde sie nach Fürst Johann II. von Liechtenstein, der im nahe gelegenen Großarl eine Jagdwirtschaft betrieb und 600 Gulden für den Ausbau der Klamm spendete.