Mittersill: Ungewöhnlicher Winterurlaub
Auf der anderen Seite vom Pass Thurn, in Tirol, läuft bereits der Countdown für das Kitzbühel-Wochenende. Prominenz, Party, Glanz und Glamour inklusive. Aufregend, faszinierend, laut. Der ruhige Gegenpol dazu findet sich auf der Salzburger Seite des Alpenübergangs. Hier liegt, rund um Mittersill, einer der magischen Flecken des Salzachtals.
Mittersill ist der größte Ort des Oberpinzgaus. Was nicht viel heißen will, denn nur etwas mehr als fünftausend Menschen wohnen hier auf rund 79O Meter Seehöhe. Dennoch ist man stolz darauf, eine Stadt zu sein, „Nationalparkhauptstadt“ gar. Erst vor knapp fünfzehn Jahren wurde Mittersill nach der Abstimmung durch die Bevölkerung von der Salzburger Landesregierung zur Stadt erhoben.
Viel länger schon, seit dem Jahr 1150, gibt es das Schloss Mittersill. Das heute als Hotel geführte Schloss hoch über dem Salzachtal präsentiert sich als ein Märchenbuch-Ort mit Geschichte, an dem man – je nach Geschmack – elegant auf den Spuren von Clark Gable, Coco Chanel oder Aristoteles Onassis wandeln kann. Durchgesessene Sofas inklusive. Wer es schauriger mag, wandelt in die tiefsten Abgründe der Schlossgeschichte: in den kalten Hexenkeller, der direkt unter der Kapelle liegt. Dort, wo einst „Hexen“ im Käfig von der Decke baumelnd auf ihre Verbrennung warteten, kann man heute fein essen.
Aus dem dunklen Keller zurück hinaus in die Wintersonne. Wandeln statt Wandern – dieses Motto in den Salzachtaler Winterurlaub mitzunehmen, empfiehlt sich. Freilich: Rund um Mittersill, ob in den Kitzbühler Alpen oder den Hohen Tauern, gibt es ein breites Angebot für Wintersportler. Da wäre etwa die mit 188 Kilometer längste Skirunde der Welt, von Mittersill nach Going führend. Auch Rodeln kann man – mit Kindern oder ohne – auf der längsten beleuchteten Naturrodelbahn der Welt in der Wildkogel-Arena Neukirchen und Bramberg.
Mit der Smaragdbahn geht es dafür in Bramberg auf knapp 2.100 Meter hinauf und mit lediglich zwei Kufen, etwas Abstoßkraft und Mut die vierzehn Kilometer vom Wildkogel wieder in die Tiefe.
Auf der anderen Seite des Bergmassivs lockt eben Kitzbühel und die schwierigste Abfahrt der Welt, die Streif: Bis zu achtzig Meter fliegen die Athleten bei den Abfahrtsrennen am nächsten Wochenende wieder auf dem mit 85 Prozent Gefälle steilsten Stück der legendären Tiroler Piste. Allein am Starthang zu stehen, steigert bei Laien den Adrenalinspiegel. Selbst Wochen danach umfahren „normale“ Skifahrer die von den Renntagen noch total vereiste Strecke großräumig.
Die Salzburger Seite des Gebirgsmassivs ist nach fester Überzeugung der Einheimischen nicht nur die gemächlichere, sondern die sonnigere. Im Oberpinzgau, wo man sich ohnehin etwas abseits von allem fühlt, braucht es gar nicht viel Animation. Um hier zur Ruhe zu kommen – und zwar zu einer wirklichen Ruhe – muss man daher auch weder Yoga noch einen Meditationskurs buchen. Es reicht schon, von einem Sonnenhang hinaus in die Natur zu spazieren. Am besten ganz allein. Ohne Mann, ohne Kind, ohne Smartphone. Um dann mitten aus dem Schneegestöber ein Pinzgauer Pferd auftauchen zu sehen, und einen kleinen Moment der Magie und den warmen Atem des zutraulichen Pferdes im Gesicht zu genießen.
Eiszeit-Relikte
Es reicht aber auch, einfach in das stille Wasenmoos am Hochmoor des Pass Thurn zu wandern – mit Langlaufski, Schneeschuhen oder zu Fuß. Dort kann man bei Nebel das sehr seltene Eiszeit-Relikt Betula nana (zu deutsch: Zwergbirke) bewundern, oder bei besserem Wetter die strahlenden Dreitausender des Nationalparks Hohe Tauern. Man kann dabei etwas über Größe und Bedeutung nachdenken, um dann, wenn man wieder einmal nur die Ahnung einer Antwort gefunden hat, ins Tröstliche der kulinarischen Freuden zurückzukehren. Am besten gleich in der Nähe ins Berghotel Breitmoos, einem gemütlichen Gasthof mit guter Küche.
Sollten doch die Ski locken, dann liegt eine gemütliche Skitour zur bekannten „Sonnenalm“ nahe; erst ein Aufstieg in stiller Einsamkeit und dann ein kleiner Gipfelsieg, den man in einem bequemen Liegestuhl zelebrieren kann.
Abends, wenn man sich in Kitzbühel schon längst in feines Tuch gehüllt ins freilich auch nicht zu verachtende Nachtleben stürzen würde, reicht es im Salzachtal, sich mit den Worten des Dichters Rainer Maria Rilke in eine wunderweiße Nacht begleiten zu lassen: „Weit wie mit dichtem Diamantenstaube bestreut“, ja, so liegt sie da, die kleine Pinzgauer Bergstadt Mittersill.
Beim Schwimmen im Outdoor-Pool des Schlosshotels, im Schutz der selbst im Winter kräftigen Linde, schaut man dann am besten dem Dampfen des Wassers zu: Wie der Dampf in die Höhe steigt, sich kräuselt, entschwindet. Wenn sich dann noch zufällig eine Schneeflocke sanft auf die Nasenspitze setzt, ist das ruhige Winter-Urlaubsglück ziemlich perfekt.
Klimafreundliche Anreise
Züge fahren täglich mehrmals bis Kitzbühel oder Zell am See. Danach geht es mit dem Bus oder dem Hotelshuttle weiter. oebb.at; mittersill.info
Übernachten
Herrschaftlich wohnt es sich in dem mit viel Liebe für historischen Charme von der Eigentümerfamilie geführten Hotel Schloss Mittersill, 4* Superior, DZ/N. inklusive Frühstück und Schloss Spa ab ca. 248 €. Die exklusive Coco Chanel Suite mit privater Außensauna im Wehrturm gibt es ab 460 € pro Nacht. schloss-mittersill.at
Essen
- Die Schlossküche wurde von Gault Millau wiederholt mit einer Haube ausgezeichnet. Wer es bodenständiger mag oder eine Jause sucht: Die Metzgerei Feuersinger – Oberbräu in Mittersill hat den besten Leberkäse weit und breit. Einheimische behaupten, zumindest von ganz Salzburg. oberbrau.at
- Das Restaurant im Berghotel Breitmoos ist ebenfalls für seine Schmankerl bekannt. breitmoos.at
Rodeln
Wer Rodelrekorde sucht, der ist auf dem Wildkogel richtig: Die bis 22 Uhr beleuchtete 14 Kilometer lange Rodelbahn ist die längste ihrer Art. Einzelfahrt für Erwachsene 15,50 €, Kinder 7,50 €. Tageskarten 38,50 € bzw. 19 €. Rodelverleih vor Ort. wildkogel-arena.at