Weihnachten, wie es früher einmal war: Advent am Pillersee und am Wolfgangsee
Als Großstädter glaubt man ja, in Sachen Christkindlmarkt alles gesehen zu haben: von der ganz großen Punschparty, zu Eis-Iglus bis hin zum kunstsinnigen Dorf aus Hipster-Hütten. Wenn man sich dann aber dem adventlichen Pillersee nähert, über dem die schwarze Nachtluft langsam letzte Lichtschimmer von den Bergen verdrängt; wenn auf dem finsteren Seespiegel die Kerzerln und Lichterln vom anderen Ufer herschimmern; wenn die Blechbläser ganz sanft eine Weihnachtsweise über den See schicken und sich Menschenlachen hineinmischt – dann wird der Stadtmensch zum Kind mit strahlenden Augen und denkt sich: Dass es so etwas gibt.
Viele Dörfer, Städte und Regionen putzen sich für die Adventzeit besonders heraus. Die ländliche Weihnacht wiegt noch schwer und man hat das Gefühl, die Menschen machen das am Land nicht nur für Touristen, sondern für sich: Man möchte für das Beisammensein vor dem heiligen Fest einen schönen Rahmen schaffen. Diese Liebe zum Advent sollte man als Besucher nutzen, genau jetzt muss man dort Urlaub machen. Wie eben zum Beispiel im Pillerseetal, wo alle zwei Jahre der „Magische Adventmarkt“ am See veranstaltet wird. Da wird ein Hüttendorf hingebaut, da spielt die Musi. Da streicheln die Kinder echte Schafe oder können Kerzen machen. Da kriegt man gute Schmankerln ganz ohne Langos-Aura und den Schnaps noch vom Brenner Gidi selbst leidenschaftlich erklärt.
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Apropos Leidenschaft: Wenn der Edeltischler Manfred Bacher, den hier alle „Manba“ nennen, mit seinem Hobel an einem Schemel werkt, werden die Augen der Kinder, die vor seinem Hütterl stehen, immer größer. Er möchte – wie viele Mitwirkende hier – auf dem Markt sein Handwerk zeigen, dafür hat er viel altes Werkzeug dabei, an dem sich die Großen (erfolglos) versuchen dürfen. Die Kleinen sind über Spänekringel glücklich, die er ihnen gerne überlässt, und als er auch mit dem Schemel fertig ist, fragt der staunende Großstädter vor ihm: „Kann man den kaufen?“ Manba: „Aber geh, der ist ja nur ganz groab g’macht, den schenk’ ich dir so!“ Der Städter: „????“ Manba: „I gfrei mi, wenn’st a Freud’ damit hast.“
Santa muss draußen bleiben
Traditionelles Handwerk spielt auch am Salzburger Wolfgangsee eine tragende Rolle, wenn sich der Sommerfrische-Hotspot St. Wolfgang in ein Adventdorf verwandelt. Der einzige unerwünschte Gast ist hier der Weihnachtsmann, wie Tourismuschef Hans Wieser erläutert. Mit dem Verbot rund um den See meint er es ernst, sehr ernst. Als vor einigen Jahren jemand einen fünf Meter hohen, aufblasbaren Weihnachtsmann in seinem Garten aufstellte, setzte Wieser gemeinsam mit dem Strobler Bürgermeister alle Hebel in Bewegung, damit der aufgeblähte Santa schnell wieder aus dem Ortsbild verschwand. Mit Erfolg. „Leider Gottes gab es dafür keine Genehmigung der Bauschutzbehörde“, sagt Wieser, lacht und nimmt einen Schluck Punsch.
Um ihn schieben sich viele Touristen durch die schmalen Gassen von St. Wolfgang, Jagdhornbläser spielen „O du Fröhliche“. Vor dem berühmten Ort, unweit des Ufers, schwimmt die neunundzwanzig Meter hohe Friedenslichtlaterne, die längst zum instagramtauglichen Markenzeichen des Wolfgangsee-Advents avanciert ist.
Engerl-Auflauf
Im Jahr 2004, vor dem ersten Salzkammergut-Advent, hat man sich auf ein authentisches, kitsch- und kommerzfreies Konzept geeinigt, das viel „Weihnachten wie damals“-Feeling verströmen soll. Eine Warenkontrolle stellt sicher, dass in den 150 Adventhütten in St. Gilgen, Strobl und St. Wolfgang nur heimisches Kunsthandwerk und Spezialitäten aus der Region (Empfehlung: Schaumrollen und eine Brotlaib-Suppe) angeboten werden. Eine Krippenausstellung mit lebensgroßen Figuren, Brauchtumsveranstaltungen wie Adventkonzerte und ein Engerl-Postamt (überhaupt gibt es hier sehr viele Engerl), in dem Kinder Briefe ans Christkind schreiben können, komplettieren das (ober-)österreichische Weihnachtswunderland.
Ähnlich wie im Bilderbuch-Operettenort bräuchte es auch im zwanzig Fahrminuten entfernten Bad Ischl im Grunde keine Adventstände, um weihnachtliche Atmosphäre zu erzeugen. Die traditionellen, festlich dekorierten Geschäfte in der Fußgängerzone wie die Kult-Konditorei Zauner oder der Lebzelter Franz Tausch wirken wie aus einem jener Weihnachtsfilme, die im Dezember Netflix überfluten. Das Zentrum des Ischler Advents bildet die historische Trinkhalle mit dem vorgelagerten Eislaufplatz und dem kleinen „Schmankerldorf“ im Freien, wo es nach Raclettebroten, Bratwürsteln und natürlich nach Kaiserschmarrn duftet.
Im Inneren der Halle wird gehobelt, genäht und gebastelt: Hier stellen Ischler Handwerker ihre Produkte aus, vom Hut bis zum Schnaps, vom Holztisch bis zum Dirndl. Was hier gekauft wird, soll nachhaltig Freude bereiten und nicht sofort wieder in der Ramsch-Lade verschwinden.
Berg und Biathlon
Auch rund um die Christkindlmärkte gibt es im Salzkammergut vieles zu entdecken. So führt etwa die nagelneue Zwölferhorn-Seilbahn von St. Gilgen hinauf auf 1.522 Meter, wo ein Rundweg und Adventhütten warten. Nostalgischer ist eine Fahrt mit dem Advent-Dampfzug der Schafbergbahn (von Donnerstag bis Sonntag). Auf 1.304 Meter bietet sich bei einer Tasse Punsch ein Panoramablick auf die beleuchteten Orte um den See.
Zurück ins Pillerseetal, wo man die Tage rund um den Besuch des Wunderweihnachtsmarkts ebenfalls gut füllen kann. Dass man in Fieberbrunn & Co. gut Ski fahren kann, weiß jeder, aber nicht, dass die Gegend ein Langlaufparadies mit allerlei Loipen und dazu passenden Angeboten von Spezialgeschäften bis Trainern ist. Außerdem lässt es sich hier vorzüglich bis in den späten Herbst wandern (einmal muss man beim Jakobskreuz auf der Buchensteinwand gewesen sein!) oder zumindest auf mystischen Waldwegen spazieren.
Wer Sport an sich mag, aber sich dabei nicht zwangsläufig selbst bewegen möchte, findet hier in der Vorweihnachtszeit auch eines der ansehnlichsten Wintersportevents. Während man bei Skirennen als Zuseher vor Ort oft wenig zu sehen bekommt, kommt man beim Biathlon-Weltcup in Hochfilzen so nah an Strecke und Athleten, dass man rasch reinkippt (selbst wenn man davor keine Ahnung hat, warum hier jemand mit einem Gewehr am Rücken langläuft). Das Sportereignis fällt übrigens mit dem zweiten Tag des Pillersee-Adventmarkts zusammen.
Neben Salzkammergut und Pillerseetal gibt es im Land natürlich noch Hunderte Orte, die man sich im Advent anschauen könnte. Bevor das große Skifahren beginnt. Oder der Weihnachtseinkauf ansteht. Österreich lässt sich um diese Jahreszeit ganz hervorragend entdecken – und verkosten.
Klimafreundliche Anreise
Mit dem Zug von Wien nach Bad Ischl in ca. 3,5 Std., von dort mit dem Bus weiter nach Strobl oder St. Wolfgang.
Ins Pillerseetal kommt man in ca. 4,5 Std., z.B. Fieberbrunn mit einem Umstieg. oebb.at
Adventmärkte
– St. Wolfgang: 19. 11.–19. 12., Mi–Fr 12–19.30 Uhr, Sa–So 10–19.30 Uhr. Schiffsverkehr täglich Strobl – St. Gilgen –
St. Wolfgang. salzburg-bahnen.at/wolfgangseeschifffahrt
– Trinkhalle Bad Ischl: 19. 11.– 19. 12., Mi–So von 10–18 Uhr, sowie am 6./7. 12.
– Magischer Adventmarkt im PillerseeTal mit traditioneller Musik und Kulinarik, Kunst, Handwerk, Kinderprogramm: 4./5. u. 11./12. 12., 12–20 Uhr. Infos zum Adventprogramm im Pillerseetal: Tel. 05354/56304, kitzbueheler-alpen.com
Programm und Angebot
– Im Pillerseetal gibt es viel Handwerkskunst: z.B. Gidis Genusswerkstatt (Schaubrennerei, g-schnaps.at), Holz- handwerker Manfred Bacher (manba-holzhandwerk.at). Außerdem viel Sportangebot für den Spätherbst und den Biathlon-Weltcup Hochfilzen: 9.–12. 12., Tickets unter biathlon-hochfilzen.at oder skiaustriaticket.at
– Angebot 3 Nächte Bad Ischl: inkl. Kutschenfahrt, Tagesein- tritt Salzkammergut-Therme, Zaunerjause, Wintercard mit Stadtrundgang im DZ ab 181 € (Frühstückspens.) bzw. 307 € (4*-Hotel). Buchung: badischl.at Tel. 06132/277 57-0