Lifestyle

Ein schweißtreibender Typ

Grazer Wohlstandsbürger stehen ihren Wiener Landsleuten um nix nach: Dem einen is z’ haaß, dem anderen z’ koid. Wenige scheinen zu begreifen, welchen Luxus ihnen die moderne Sauna im Eggenberger Bad bietet.

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Man braucht jedenfalls eine dicke Haut, wenn man sich acht Mal an einem Arbeitstag nackt vor all diese Leute stellt, um sie ordentlich zum Schwitzen zu bringen.

Christian Steger hat all das, was dafür nötig ist. Er ist einer der besten Saunawachler der Welt. Jedenfalls war er bei der diesjährigen Wachler-Weltmeisterschaft in Bad Hofgastein Elfter, hinter geografisch deutlich bevorzugten Nordländern sowie Italienern, die von ihren Fans ins Finale getragen wurden.

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Der 47-jährige Alleinunterhalter aus Feldkirchen bei Graz ist aber noch viel mehr: „Pfarrer, Friseuse, Moderator und Animateur in einer Person.“

Bei der Sauna-WM 2013 hat der steirische Professional mit seiner Hüfte gepunktet. Seinen Show-Aufguss nannte er Bolero, 13 Minuten lang tänzelte und fächerte er zu den weltbekannten Klängen von Maurice Ravel. Und auch hier, im Eggenberger Bad, bemüht er sich um eine Steigerung der Ekstase.

Viel heiße Luft

„Ich möchte möglichst viel Luft bewegen“, erklärt Christian Steger bei bald 90 Grad Celsius, während er sein weißes Handtuch durch die oberen und unteren Etagen der geräumigen Sauna führt, so wie ein Stierkämpfer.

Auffallend: Auf beeindruckende Sprünge, immer in Verbindung mit einem Gestöhne wie beim Tennis und auf sehr lautes Klatschen des Handtuchs – älteren Semestern vielleicht noch aus der legendären Wiener Pratersauna in Erinnerung – verzichtet Steger. Bewusst.

Viel wichtiger sei die Interaktion, sagt der gelernte Zahntechniker, der sichtlich gut mit Menschen kann. Einige hier nennen ihn deshalb auch „Chef“, obwohl er gar nicht der Chef ist.

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Elf Jahre lang hat er in Zürich für einen privaten Sicherheitsdienst gejobbt. Hooligan-Betreuung in Fußballstadien. Nicht immer ganz fein zum Arbeiten, aber immer gewaltfrei, wie der Steirer betont. Seit fünf Jahren ist er bei der Grazer Holding angestellt, die unter anderem die Schwimmbäder der Stadt betreibt: Im Sommer verdient er sein Geld als Betriebsleiter im Freibad in Straßgang, in der kalten Jahreszeit ist er Saunawart in Eggenberg.

Hollywood im Wellnessbereich? Der Schein trügt. Vier Tage Dienst (8,5 Stunden entweder schon von der Früh weg oder bis spät in den Abend), zwei Tage frei. Bei diesem immer wiederkehrenden Dienstrad hat schon so mancher coole Typ das Handtuch geworfen. Auch ist so manche Partnerschaft am regelmäßigen Saunabetrieb zerbrochen. Der Sauna-Spezialist sagt: „Wenn es in einer Beziehung kriselt, muss man gut aufpassen. Denn die Damen hier sparen nicht mit Komplimenten.“ Und auf einmal sei man weit mehr als nur der Pfarrer.

Am Ende Hardcore

Nach drei Handtuch-Runden fragt er obligatorisch in die Runde, ob eine Zugabe gewünscht wird. Die wird Damenspende genannt und ist fast immer gewünscht. „Also gibt es am Ende Hardcore“, mit dem Handtuch. Später, im Ruheraum, nach Abkühlung der Fieberkurven, wird der Wachler-Meister sagen: „Wichtig ist das Gefühl für die Leute. Wenn sie nicht mehr wollen, gebe ich ihnen nicht mehr. Ich möchte sie ja in eine Entspannungsphase führen.“

Nur wenig später endet die kurze Ruhepause. Immer zur vollen Stunde und um keine Minute später steht sein nächster Saunagang an.

An der Vorausscheidung für die diesjährige Sauna-WM haben 200 Kandidaten aus 23 Nationen teilgenommen. 49 davon konnten sich für die Endrunde im November in Bad Hofgastein qualifizieren. Am Ende war einmal mehr der Belgier Dirk van Offel König der Wachler. Bester Österreicher wurde Christian Steger auf dem elften Platz.

Die 500 Sauna-Fans bekamen bei der Weltmeisterschaft nicht nur edelstes Handwerk geboten, sie durften auch selbst über die Darbietungen abstimmen. Im Spezialwettbewerb Powerwacheln gewann der Rumäne Tudor Moiceanu. Er erreichte mit seinem Handtuch die sagenhafte Windspitzengeschwindigkeit von 8,03 Meter pro Sekunde.

Vor dem ersten Saunagang sollte man den Körper unbedingt zehn Minuten lang aufwärmen,vor jedem weiteren Saunagang fünf Minuten. Als Faustregel kann gelten: mindestens zwei Saunagänge pro Saunabesuch, maximal so viele wie einem guttun. Nach dem Aufguss soll man in jedem Fall sofort ins Freie eilen, um die Atemwege frei zu bekommen. Erst duschen, dann der berühmte Sprung ins kalte Wasser.

Wer nicht duscht, mit dem ist zu reden, ebenso mit den Superlustigen, die mit Schnaps aufgießen wollen und/oder nach jedem Aufguss ein Bier trinken. Man kann sich dabei gerne auf Christian Steger berufen – einen der besten Wachler der Welt!