Lifestyle

Mehr Lebenslust, weniger Perfektion






Mit einem Makel groß werden zu müssen, ist selbstverständlich gar nicht lustig. Ich weiß das - ich habe begonnen, mit zwei Jahren zu schielen. Und wie man es auch dreht und wendet - ich schiele immer noch. Ein bisschen halt, trotzdem die Chirurgen dreimal an meinen Augäpfeln herumbastelten.

Für schöne, junge Menschen, die mit traurigem Blick durch das Leben stolpern und mir - trotz offensichtlicher "Perfektion" - klar machen wollen, dass sie mit ihrem hängenden Hintern, zu klein geratenen Brüsten, blöden Oberschenkeln oder mit ihren Tränensäcken hadern, habe ich gering dosiertes Verständnis. Denen komme ich immer ganz gerne mit meinem Lieblingssatz: "Leute, ich habe eine Spur mehr als einen charmanten Silberblick - und bin trotzdem geheiratet worden. Zweimal sogar." Klar, Kriterium ist das jetzt auch wieder keines - aber mir geht es hier um ein Lebensgefühl, das ich gerne vermitteln möchte.

Makel als Schönheit

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Weil es höchst Zeit wird, zu kapieren, dass gerade der kleine Makel, die Besonderheit der Assymetrie - der "Fehler" also - das Schöne am Individuum sein können. Genau dieser "Fehler" macht aus Personen Menschen mit Profil. Angreifbar. Einprägsam. Vor allem aber: einmalig. Die Vorstellung, dass alle Frauen wie Heidi Klum daherkommen und alle Männer wie Brad Pitt, wäre - bei aller primären Verlockung - furchtbar. Ich will mehr Daniel Craigs, Ellen Barkins - von mir aus Dick und Doofs. Und ich will mehr junge Frauen, die in und bei sich angekommen sind - die verstehen, dass Wirkung oder Persönlichkeit etwas ist, das sich nicht an der Oberfläche festmachen lässt.

Wie platt kann ein Gesicht sein, das keine Geschichte zu erzählen hat? Wie traurig wirken Menschen, die sich zu Fassadenträgern dieser Leistungsgesellschaft umfunktionieren lassen? Wie sehr sind Frauen zu bemitleiden, die verzweifelt aus ihrer Haut wollen, aber gerade deshalb darin stecken bleiben?

Was schön macht - auch ohne den Schnitt der Chirurgen - ist Gelassenheit. Die Lust am Leben, die Lust an sich selbst. Die Tatsache, sich weiterzuentwickeln, um dort anzukommen wo man ist. Mitten im Leben nämlich. Vor allem aber: bei sich selbst.

"Folge dem Beispiel einer alten Kuh"

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Freundschaft zu sich selbst ist die beste Anti-Aging-Methode und das beste (und billigste) Anti-Faltenmittel, das es gibt.

Dazu ein hinreißend feiner Tipp aus dem Buch "Würde Platon Prada tragen?" (Rebekka Reinhard, Ludwig Verlag) zum Thema "Selbstwertgefühl": Selbstvertrauen ist besser als Selbstanalyse. Selbstfreundschaft ist besser als Selbstzweifel. Legen Sie einfach die Beine hoch. Zünden Sie eine Duftkerze an und hören Sie auf Patrul Rinpoche (buddhistischer Lehrer und Autor, Anm.): Folge dem Beispiel einer alten Kuh: Sie ist es zufrieden, in der Scheune zu schlafen."

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