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Was ist nur mit den Männern los?

Männer sollen einfühlsam, aber keine Weicheier sein. Durchsetzen sollen sie sich, aber bitte ohne Macho-Getue – wenn es nach den Frauen geht. Werden Männer danach gefragt, was sie ausmacht, sind sie mit dieser Frage meist überfordert. Nicht nur. Auch die Anforderungen, die das Leben an sie stellt, bereiten ihnen Kopfschmerzen.

Hat der Mann ausgedient? So manches Indiz spricht dafür. Am Büchermarkt stapeln sich Ratgeber, die Männern erklären, wie sie zu unwiderstehlichen Supermännern mutieren – und Frauenbücher (wie der aktuelle Bestseller der Amerikanerin Hanna Rosin), die „Das Ende der Männer“ ausrufen. Jetzt werben die deutschen Autorinnen Eva Gerberding und Evelyn Holst gar für ein Leben ohne Mann. Motto: Die Frau von heute sei sich selbst genug (siehe unten). Gleichzeitig boomen Wälzer wie „50 Shades of Grey“, in denen die weibliche sexuelle Unterwerfung gehypt wird.

Vermissen Frauen die Machos von früher? Ist die Gesellschaft mit der Emanzipation gar zu weit gegangen? „Nein“, ist sich ein Mann wie der Sexualtherapeut Wolfgang Kostenwein sicher. „Im Rahmen der Emanzipationsbewegung haben sich die Frauen bemüht, ihre Söhne einfühlsam, empathisch und liebevoll zu erziehen. Doch damit wurde das Kind mit dem Bad ausgeschüttet – das Positive an der Männlichkeit ist dabei oft verloren gegangen. Die Mütter haben versucht, Männer zu besseren Frauen zu erziehen.“

Keine Softies

Rüdiger Dahlke, Bestsellerautor und Ganzheitsmediziner, sieht das ähnlich: „Das, was gesellschaftlich so sinnvoll und fortschrittlich ist, hat sich auf der erotischen, sinnlichen Ebene zu einer sehr faden Geschichte entwickelt. Nach Aufregern wie der Sexismus-Debatte in Deutschland trauen sich Männer gar nicht mehr, Frauen nachzuschauen, geschweige denn, etwas zu sagen. Wenn jedoch 75 Millionen Frauen „50 Shades of Grey“ gelesen haben, muss man sagen, die Frauen wollen richtige Männer und keine weichgespülten Softies. Jedenfalls auf der sexuellen Ebene.“

Die Klienten von Kostenwein schlussfolgern in den Therapiesitzungen dann oft, dass Frauen sich nur nach Arschloch-Typen sehnen. „Das, was solche Männer attraktiv macht, ist, dass sie gut bei sich sind. Wenn das gleichzeitig Arschlöcher sind, nehmen die Frauen das in Kauf, um zumindest ein Gegenüber zu haben.“ Genau dieses Gegenüber würde nämlich fehlen. Während Frauen ihre Weiblichkeit (selbst-)bewusster leben, haben sich Männer in eine passive, unsichere – und damit auch unattraktive – Rolle zurückgezogen.

Dahlke ergänzt: „Gleichberechtigung ist auf vielen Ebenen goldrichtig. Aber auf der Ebene der Sinnlichkeit und Erotik sind wir polar und verschieden. Das eindringend Männliche und das aufnehmend Weibliche sind Fakten, die sich schon in der antiken Literatur finden. Wenn sich das aufhebt, wird diese Ebene fad und langweilig. Wenn wir die Emanzipation auf dieser Ebene abfärben lassen, sind wir auf verlorenem Posten.“

Junge Männer würden nicht selten mit Impotenz oder Erektionsproblemen reagieren, weil moderne Frauen ihre Wünsche und Forderungen oft direkt und hemmungslos ausdrücken. Probleme im Bett werden unverblümt angesprochen, auch Konsequenzen werden nicht gescheut. Eine Pein für die männliche Psyche – die Sexualität leidet.

Auswege

„Statt bei sich und ihren Bedürfnissen zu sein, nähren Männer ihre Lust häufig nur noch über die Lust und die Bedürfnisse der Frau. Das macht die Frau wiederum nicht glücklich, weil die gesamte Verantwortung für die Lust bei ihr liegt. Eine Einschränkung für die Attraktivität und das Begehren“, erklärt Kostenwein.

Wie werden Männer wieder zu Männern? „Indem man seine Fantasien wieder befreit“, erklärt Dahlke. „Beide Geschlechter müssen sich wieder mit dem archetypischen Bild anfreunden. Die Frau soll sich unterwerfen, aber auch hingeben und loslassen können. Der Mann muss wieder zu seiner männlichen Kraft stehen. Gebildete Frauen, die ihr Leben problemlos meistern, träumen davon, von einem Mann richtig gepackt zu werden. Sich ganz ergeben zu können.“

Kostenwein sieht in der aktuellen Entwicklung eine Herausforderung für die Gesellschaft, Männer in eine positive Männlichkeit zu führen: „Weg vom passiv Einfühlsamen hin zu einer guten Wahrnehmung von sich selbst und der eigenen Bedürfnisse. Das ist die Voraussetzung dafür, dass man einander sexuell gut begegnen kann.“ Man dürfe die Gleichwertigkeit der Emanzipation nicht mit einer Gleichartigkeit auf der sexuellen Ebene verwechseln. Gleichberechtigung auf gesellschaftlicher Ebene darf auf sexueller Ebene nicht im Einheitsbrei münden.

Warum Frauen lieber solo bleiben wollen

Selbstbewusst. Zwei Autorinnen bestärken Frauen, die keinen Mann finden – ohne „ihn“ sei es sowieso besser

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Jung, schön, erfolgreich und auch noch sympathisch – trotz bester Attribute entscheiden sich immer mehr Frauen für ein Singleleben. Gut so, meint das deutsche Autorinnen-Duo Eva Gerberding und Evelyn Holst. Letztere erklärt im KURIER-Gespräch, warum sie Frauen mit ihrem Buch „Wer sagt, dass Männer glücklich machen?“ zu einem Leben ohne Mann ermutigen.

KURIER: Sie zeichnen in Ihrem Buch ein sehr negatives Bild von Männern – sind sie denn wirklich so nutzlos?

Evelyn Holst:Unser Ansatz ist nicht, dass Männer schlecht sind, sondern dass es nicht für jede gute Frau einen guten Mann gibt. Es gibt so viele tolle, intelligente, witzige, alleinstehende Frauen, die keinen Mann haben – oder nur sporadisch. Wir wollen ihnen auf humorvolle Weise die Dauersehnsucht nach Männern und das Minderwertigkeitsgefühl nehmen. Wenn ihr keinen habt, ist das nicht das größte Unglück.

Was ist das Hauptproblem?

Es wäre vielen Frauen geholfen, würden sie Sex und Liebe endlich trennen. Dann könnten sie zumindest mit Männern das Bett teilen, mit denen sie Sex haben. Männer können das wunderbar, Frauen oft nicht. Darum gibt es viele Frauen, die viel zu wenig Sex in ihrem Leben haben.

Was hat sich im Vergleich zu früher verändert?

Die Schwierigkeit von Männern, sich auf bindungswillige Frauen einzulassen, fängt jetzt schon viel früher an als früher. Auch mein 20-jähriger Sohn ist lieber mit seinen Kumpels unterwegs. Ihr Motto lautet: Bruder geht vor Luder. Sie sind lieber in der Horde unterwegs.

Woran liegt das?

Ich war zu einer Zeit 20, als der Horizont grenzenlos war und man das Gefühl hatte, man kann alles machen. Wenn die Karriere gut läuft, kann man sich entspannter dem Privaten widmen. Heute gibt es großteils Kurzzeitverträge – das verursacht viel Stress. Da hat man keine Lust auf komplizierte Beziehungsgespräche. Man weiß ja nicht einmal, ob man nächstes Jahr beruflich in eine andere Stadt zieht. Außerdem beschäftigen sich die Leute heute lieber mit dem Handy als miteinander. Man sieht relativ selten lange, innige Gespräche. Das trägt dazu bei, dass man sich immer schlechter konzentrieren kann – auch auf den Partner. Kaum jemand schafft es noch, in Ruhe zu reden und sich aufeinander einzulassen.

Sie sind selbst verheiratet. Welchen Stellenwert hat Ihr Mann, welchen haben Ihre Freundinnen?

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Bin schon fast bei der Silberhochzeit angelangt. Es ist einfacher, wenn man mit jemandem sein Leben geteilt hat. Ich bin aber sehr viel mit meinen Freundinnen unterwegs, sie waren mir immer sehr wichtig. Man kann mit ihnen viel besser reden und lachen. Männer wollen es ab 50+ entweder nochmal wissen, aber dann mit einer Jüngeren. Oder sie werden ungeheuer langweilig. Frauen haben oft den zweiten Wind, aber der Alte kommt nicht vom Sofa hoch. In jedem Frauenleben sind Frauen deshalb genauso wichtig wie ein Mann.