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Für wen der Computer den idealen Musikmix zusammenstellt

Bei der Liedwahl auf Musikplattformen unterstützen oft Algorithmen. Dabei kommen Systeme Künstlicher Intelligenz (KI) zum Einsatz, die anhand menschlicher Entscheidungen trainiert werden. Linzer Forscher zeigen nun, dass die Algorithmen Menschen, die als emotional labil eingeordnet werden, passendere und „bessere“ Vorschläge liefern. Das liegt daran, dass die Systeme diese leichter lesen können.

Der Frage, welche Verzerrungen zustande kommen können, wenn Algorithmen mehr oder weniger menschliche Entscheidungen übernehmen, gehen Wissenschafter seit einiger Zeit auf vielfältige Weise nach. Die Forscher um Markus Schedl, Leiter der „Human-centered AI Gruppe“ am „LIT AI Lab“ der Universität Linz, haben in der Vergangenheit bereits gezeigt, dass das Lernen der Systeme anhand von Daten, die von Menschen stammen, oft zu Vorurteilen führt. So etwa, wenn diese Ergebnisse liefern, die sexistisch verzerrt sind.

Auch mit der Verbesserung von Online-Empfehlungssystemen hat sich das Team bereits mehrfach beschäftigt. Solche Systeme nutzen alle größeren Plattformen im Film- oder Musikbereich wie Amazon, Netflix, Spotify, YouTube und andere.

Fünf Merkmale

Nun gingen die Wissenschafter zusammen mit Kollegen der Uni Innsbruck in einer Studie der Frage nach, ob die Ausprägung der Persönlichkeitsmerkmale von Nutzern von Musikstreamingplattformen einen Einfluss darauf hat, wie gut die Vorschläge zu den Personen passen. Bei der Annäherung an die Persönlichkeiten der User orientierten sich Schedl und sein Team an den in der Psychologie gut untersuchten fünf breiten Persönlichkeitsmerkmalen „Offenheit für Erfahrungen“, „Gewissenhaftigkeit“, „Extraversion“, „Verträglichkeit“ und „Neurotizismus“, letzterer wird auch als emotionale Labilität bezeichnet.

Twitter half

Welche dieser Merkmale bei den Personen in welcher Stärke ausgeprägt sind, schätzten sie anhand ihrer Datenspuren auf Twitter ab. Man nutzte hier eine Methode, die die verwendeten Worte in den Tweets analysiert und daraus „die Persönlichkeitsmerkmale ableitet“, so Schedl im Gespräch mit der APA.

Für die Untersuchung der Mechanismen hinter den Musikempfehlungen zogen sie Daten zu Hörgewohnheiten von Musikplattformen, wie Spotify oder Last.fm, und Hinweise auf Vorlieben aus den Tweets heran. Auf diese Weise bildeten die Wissenschafter aus rund 18.000 Usern zehn Nutzergruppen (mit jeweils einem stärker oder schwächer ausgeprägten dominanten Persönlichkeitsmerkmal) und sahen sich an, wie Algorithmen in Empfehlungssystemen sie jeweils behandeln. Dazu geben sie einen Teil der gesammelten Daten den KI-Systemen zum Trainieren „und sagen den anderen Teil der Daten vorher“, so Schedl. So stelle man sicher, dass die Ergebnisse möglichst nahe an der Realität sind.

Ergebnis

Danach maßen die Wissenschafter mit gängigen Methoden, wie „passend und gut gereiht die jeweiligen Empfehlungen für die jeweilige Benutzergruppe ist“. Für die Forscher fielen diese Ergebnisse überraschend unterschiedlich aus: „Es sieht so aus, dass neurotischere Menschen unabhängig vom eingesetzten Algorithmus sehr deutlich bessere Ergebnisse bekommen als weniger neurotische“, sagte Schedl. Personen, die offen für neue Erfahrungen sind, erhalten hingegen weniger passende Vorschläge als sehr verschlossene Personen.

„Das spricht dafür, dass es eben leichter ist, Empfehlungen zu geben, wenn der Benutzer einen eher eingeschränkten Musikgeschmack hat. Hört eine Person zum Beispiel nur 'Viking-Metal', ist es relativ einfach, hier gute Empfehlungen zu geben“, sagte Schedl. Die näheren Analysen zeigten auch, dass Personen mit ausgeprägterem Neurotizismus ebenfalls zu einem engeren Musikgeschmack neigen, was es den Algorithmen insgesamt einfacher mache.

Übertragbar

Diese Ergebnisse seien sehr wahrscheinlich auch auf andere Bereiche übertragbar, wie etwa auf automatisch angezeigte Job-, Reise- oder Partnervorschläge. Um also zu verhindern, dass solche Personen besonders stark in den viel beschworenen Echokammern verharren, sollten Anbieter auch gezielt Empfehlungen für andere Gruppen einstreuen, um die Verzerrung durch den Algorithmus geringer zu halten und den Nutzern auch andere „Welten zu eröffnen“, so der Forscher, der die Studie auf dem wichtigsten einschlägigen Fachtreffen, der „ACM Recommender Systems Conference“ im September vorstellt.