Leben/Gesellschaft

Warum der Hund nicht vom Wolf abstammt

Des Menschen Beziehung zu seinem angeblich besten Freund steckt voller Irrtümer. Obwohl die Vierbeiner seit Jahrtausenden mit uns zusammenleben, sei ihre Sprache sogar für die Wissenschaft noch immer ein Rätsel, ist Juliane Kaminski, Psychologin von der Universität Portsmouth, überzeugt: "Es wird vieles über Hundekommunikation gesagt, das meiste sind allerdings nur Meinungen. Meinungen, die nicht auf Forschung basieren."

Daher widmen wir uns an dieser Stelle einmal dem, was wissenschaftlich gesichert scheint: Lange galten der wilde Wolf und der wedelnde Haushund als genetisch fast ident. Irrtum, fanden schwedische Forscher vor einem Jahr heraus. 36 Regionen im Erbgut hätten sich beim Hund gegenüber dem Wolf verändert. Die meisten sind verantwortlich für Verdauung und Verhalten.

Die Gen-Analyse von John Novembre von der Universität Chicago räumte vor einem Monat mit einem weiteren Irrtum auf. Kernbotschaft: Hunde haben sich nicht aus Wölfen entwickelt, die beiden hatten einen gemeinsamen Vorfahren. "Es könnte sein, dass es andere Wolf-Linien gab, von denen diese Hunde abstammten, die später aber ausstarben. Die Domestizierung des Hundes ist komplexer als wir dachten", sagt Novembre.

Apropos komplex: Wo und wann genau der Wolf domestiziert wurde, ist ebenfalls umstritten. Es gibt beispielsweise einen Fund aus Sibirien, der nahelegt, dass es schon vor 33.000 Jahren hundeartige Tiere in der Nähe menschlicher Behausungen gegeben hat. Etwas besser belegt sind Hunde vor 11.000 bis 12.000 Jahren: Aus dieser Zeit stammen Gräber von Menschen, die gemeinsam mit ihren Vierbeinern bestattet wurden. Auf eine ähnliche Zeit deuten auch andere Gen-Analysen hin: Sie zeigen, dass die Hunde vor mindestens 10.000 Jahren domestiziert wurden – entweder im Mittleren Osten oder in Ostasien, möglicherweise an mehreren Orten zugleich.

Szenario: Hungrige Wölfe wurden durch die Misthaufen der Menschen angezogen. Die Siedler begannen dann, die Tiere zum Jagen zu nutzen und sie gezielt so zu züchten, dass sich bestimmte Eigenschaften verstärkten und andere, wie etwa die Aggressivität, zurückgingen.