Unterirdische Messstation überwacht Erdmagnetfeld
Von Martin Burger
Die Kurve des "Coupled Dark State Magnetometers" schlägt aus wie bei einem Erdbeben. Es misst das Magnetfeld der Erde. Sein Sensor ist so empfindlich, dass die wenigen Eröffnungsgäste im geomagnetischen Stollen des Conrad-Observatoriums mit ihren Mobiltelefonen das Messergebnis massiv beeinflussen können.
Forscher der TU für Experimentalphysik in Graz und des Instituts für Weltraumforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) haben das Hochleistungs-Messgerät dermaßen verfeinert, dass es für eine chinesische Weltraummission im Jahr 2016 ausgewählt wurde, sagt Geräteentwickler Andreas Pollinger, der von wissend nickenden Fachkollegen umringt wird. "Wir sind im Bereich von 48.400 Nanotesla, ungefähr", erklärt Pollinger, und erläutert en detail den Aufbau des Sensors aus einer mit Rubidiumatomen besetzten Glaszelle, durch die Laserlicht geschickt wird. "Super", befindet ein Zuhörer abschließend.
Totale Erdruhe
Wer Bahnhof versteht, sucht nach dem Direktor der Station, Roman Leonhardt. Das Magnetometer ist eines von 30 wissenschaftlichen Projekten, die im Victor Conrad-Observatorium der ZAMG gerade durchgeführt werden, erklärt Leonhardt. Die Forschungsstation in Muggendorf, in den niederösterreichischen Kalkvoralpen gelegen, ist unter Geomagnetikern und Seismologen wegen seiner Erdruhe berühmt. Weit weg von störendem Verkehrslärm und Handymasten werden seit 2002 Erdbeben und Erdanziehungskraft gemessen. Nun wird die zweite, um 8,5 Millionen Euro errichtete, geomagnetische Ausbaustufe in Betrieb genommen. "Zwei Arten von Magnetometern erfassen hier Richtung und Stärke des Erdmagnetfeldes", sagt Leonhardt, 200 Meter tiefe Bohrlöcher lassen Messungen zu, die zeigen wie das Magnetfeld unter der Einwirkung von Sonnenstürmen verändert wird. Michael Staudinger, Direktor der ZAMG, erinnert an den sogenannten "Carrington-Event" von 1859, einen gigantischen magnetischen Sturm, während dem Telegrafenleitungen ohne Netzverbindung den Betrieb aufnahmen. "So ein Sturm würde heute die GPS- und Satellitenkommunikation unterbrechen, auch die Starkstromnetze". Die Reparatur würde Wochen dauern. Mithilfe der Beobachtungen, die an Observatorien gemacht werden, können zum Beispiel Kommunikationssatelliten rechtzeitig abgeschaltet werden.
Die Geomagnetikerin Monika Korte wünscht der unterirdischen Messstation eine "Betriebsdauer in geologischen Zeiträumen". Wer den Physiker-Schmäh nicht versteht, gemeint ist: ganz lange.