Leben/Gesellschaft

Die Renaissance der Registrierkasse

Der Wiener Unternehmer Markus Zoglauer hat gut lachen: Er startet 2015 in eine neue Galaxie, in der auch ordentlich die Kasse klingelt. Seine Firma erzeugt nämlich hochwertige Registrierkassen-Systeme.

Klingelt es auch bei Ihnen? Ein Pfeiler der Steuerreform, die von Kanzler und Vizekanzler jüngst vorgestellt wurde, ist die Registrierkassen-Pflicht. Kommt sie, müssen laut Wirtschaftskammer 150.000 österreichische Betriebe so eine Rechenmaschine anschaffen. Kanzler und Vizekanzler sagen: Damit soll die Hinterziehung der Mehrwertsteuer eingedämmt, alles in allem 900 Millionen Euro eingespielt und damit auch zur Gegenfinanzierung der Reform beigetragen werden.

Die Betriebe und ihre Interessensvertreter maulen, lautstark. Man spricht von Generalverdächtigung und unangebrachtem Misstrauen. Dabei war es einst einer aus ihren Reihen, der die Registrierkasse erfunden hat. Aus Misstrauen.

Mitarbeiter-Kontrolle

Als Vater der Registrierkasse wird der Whisky- und Weinhändler James Jacob Ritty gehandelt. Der hat im Jahr 1871 in Dayton, Ohio, einen Saloon eröffnet: das Pony House. Der Schuppen lief gut, aber am Ende des Tages soll dem Barbesitzer Bargeld gefehlt haben. Weil, wie Ritty meinte, seine Leute in die eigene Tasche arbeiteten.

Auf einer Schiffspassage nach Europa hatte Ritty die Idee seines Lebens: Beim Besichtigen der Dampfmaschine fiel sein Blick auf den Zeiger, der die Umdrehungen der Schiffsschraube anzeigte. Warum nicht für sein Pony House ein ähnliches Gerät bauen? Statt der Umdrehungen der Schiffsschraube könnte sein Automat die verkauften Getränke und Speisen anzeigen – und damit nicht zuletzt sein Personal kontrollieren.

Wieder in Dayton, baute Ritty eine Holzkiste mit Ziffernblatt und zwei Zeigern – für Dollar und Cent. Außerdem hatte seine Kiste zwei Reihen mit Tasten, die die Preisskala der Bar abbildeten. Nach jeder neuen Bestellung musste ein Hebel zum Addieren der Beträge betätigt werden. Beim Öffnen der Bargeld-Schublade klingelte es laut, wodurch den Gästen und vor allem dem misstrauischen Chef signalisiert wurde, dass gerade eine neue Bestellung registriert wird.

Nach der Sperrstunde zeigte die patente Kasse den Tagesumsatz an. Dank ihr ging es der Legende nach mit dem Pony House steil bergauf. Und die Registrierkasse wurde bald zu einem US-Exportschlager.

Hochzeit mit dem PC

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Hundert Jahre später ging der Steirer Ewald Strametz daran, die Registrierkasse mit dem Computer zu verheiraten. Strametz hatte in den 1980er-Jahren in seinem Fotostudio in Deutschlandsberg viel Kundenverkehr. Der PC war gerade leistbar geworden. Und seine technische Lösung, die er für den Eigenbedarf entwickelt hatte, wurde bald auch von Kollegen angefragt.

Zurück in der Gegenwart. Markus Zoglauer hat vom steirischen Pionier die Lizenzen gekauft. Seit nunmehr zwanzig Jahren baut er mit seiner Firma Etron das Geschäft kontinuierlich aus: "Wir hatten zu Beginn gerade einmal zwanzig Kunden, heute beliefern wir insgesamt 2000 Standorte."

Zu Zoglauers Stammklientel zählen heute vor allem Fachhändler: weiterhin die Fotografen, aber auch Spielzeug-, Papier-, Elektro-, Leder-, Schuh-, Sportartikel- und Fahrrad-Verkäufer sowie die Vielzahl an Tabak-Trafikanten.

Wo die Kasse klingelt

Begonnen hat der Etron-Gründer mit einem Kompagnon, heute hat er dank fleißiger Akquise 20 Angestellte, darunter vier Programmierer, sowie eine kleine Armada von Vertriebsleuten. Und das ist noch nicht einmal das Ende der Geschichte.

Anders als die Funktionäre der Wirtschaftskammer sieht der Kassen-Mann die Steuerreform als Chance: Für Tierärzte, Ärzte, Physiotherapeuten, Ab-Hof-Verkäufer, Marktfahrer, die mehr als 15.000 Euro pro Jahr netto umsetzen. Sie alle könnten mit einer Registrierkasse ihre Kunden und auch ihr Lager besser überblicken.

Er selbst will zusätzlich Personal aufnehmen. Denn es wird wohl auch seine eigene Kasse klingeln. Die Registrierkassenpflicht in Österreich (übrigens in den meisten Nachbarländern bereits Standard) sei für ihn "eine Art Probegalopp": für eine geplante und in eine ähnliche Richtung zielende Gesetzesänderung in Deutschland.