Leben/Gesellschaft

Quecksilber-Werte der Ozeane haben sich verdreifacht

Das Meer - eine Mülldeponie: Plastikinseln, so groß wie Mitteleuropa treiben schon seit Jahren im Wasser und vergrößern sich. Nun hat sich auch die Quecksilber-Belastung der Ozeane in manchen Regionen verdreifacht, berichten Forscher im Fachmagazin "Nature".

Wissenschaftler um Carl Lamborg vom "Ozeanischen Institut Woods Hole" in Massachusetts hatten bei Expeditionen den Gehalt an Quecksilber im Atlantik, Pazifik sowie in den südlichen und arktischen Ozeanen gemessen. Die Werte verglichen sie mit den Bedingungen, die vor dem Einfluss des Menschen herrschten: Demnach wurde der weltweite Quecksilber-Kreislauf vom Menschen dermaßen gestört, dass der Gehalt in den sogenannten Sprungschichten ab einem Kilometer Tiefe um zirka 150 Prozent angewachsen ist. Sprungschichten sind die Übergangsschichten in Gewässern zwischen relativ warmem Wasser an der Oberfläche und kaltem Tiefenwasser. Im Oberflächenwasser habe sich die Quecksilber-Menge sogar verdreifacht, schreiben die Forscher.

Georg Scattolin, WWF-Meeresexperte erklärt, dass vor allem Abgase aus Industrieprodukten dafür verantwortlich sind. Während die Emissionen in Industrieländern wie den USA seit Jahren rückgängig sind, steigen die Abgase in Entwicklungsländern stark an. "Durch den Wirtschaftsaufschwung in Asien gibt es viel mehr Kohlekraftwerke, die zur Stromerzeugung verwendet werden – in China produziert man so 75 Prozent der Energie." Durch die Verbrennung der Kohle gelangt anorganisches Quecksilber in die Atmosphäre und von dort ins Meer. Auch bei der Gewinnung von Gold lagert sich das giftige Schwermetall in der Umwelt ab. Um an pures Gold zu kommen, wird dem Schlamm Quecksilber beigemengt und über offenem Feuer erhitzt. So geraten laut dem UN-Umweltprogramm "Unep" jährlich 727 Tonnen Quecksilber in die Atmosphäre und in Gewässer. Ein Wert, der sich in den letzten acht Jahren verdoppelt hat.

Gefährdete Fische

Wie sich schließlich anorganisches Quecksilber in giftiges Methyl-Quecksilber umwandelt, in Meerestiere gelangt und sich dort ansammelt, versuchen die Studienautoren nun herauszufinden. "Die Metalle reichern sich vor allem in Fischen an, die am Ende der Nahrungskette stehen wie Wale, Schwertfische, Haie oder große Thunfische", sagt Scoretti. Ihre Schadstoffwerte sind besonders hoch, da sie sich von kleineren - ebenfalls verseuchten - Fischen ernähren. Zudem werden sie älter als andere Fische und sammeln im Laufe der Jahre eine beachtliche Menge an Schwermetallen an. Der Mensch nimmt Methyl-Quecksilber wiederum auf, wenn er diese Meeresfische isst. Im Körper reagiert der Stoff unter anderem mit lebenswichtigen Enzymen und hemmt deren Wirkung. Vor allem Schwangere und Kleinkinder sind gefährdet, da das Schwermetall die geistige Entwicklung von Ungeborenen beeinträchtigt.

Auf exotische Meerestiere sollte man zudem nicht nur wegen der Überfischung verzichten. Vor etwa einem Jahr fand das Umweltbundesamt in jder fünften Probe von Haifisch-Produkten aus Wiener Restaurants und Supermärkten erhöhte Methyl-Quecksilber-Werte, die über dem EU-Grenzwert liegen. Meeresexperte Scattolin empfiehlt daher auf heimischen Bio-Fisch zurückzugreifen.