Leben/Gesellschaft

Die neue Superkuh: Lieber länger statt täglich mehr

Sie heißt Sigi und ist der ganze Stolz von Besitzer Karl Braunsteiner. „Sie hat mir schon viel Freude gemacht“, sagt der Bauer. Er hängt an der 16-jährigen Fleckvieh-Kuh, die eine seiner engagiertesten Mitarbeiterinnen ist. Sie hat bisher nicht nur 98.800 Liter guter Milch gegeben, sondern auch schon mehrmals Nachwuchs auf die Welt gebracht. Darunter sogar einmal weibliche Drillinge, die sich mit Mutter Sigi und 46 anderen Kühen den Stall teilen. Auch deshalb hat sie in der Gemeinschaft der Milchkühe einen hohen Rang, ist eine Art „Abteilungsleiterin“.

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Es ist die Lebensmilchleistung, die Viehbauern heute anstreben, keine kurzfristigen Rekorde. „Die Kühe sind wie Hochleistungssportler. Da ist es wichtig, auf ihre Gesundheit zu schauen. Geht es der Kuh gut, geht es dem Bauern gut“, betont Braunsteiner, dessen Familie in der siebenten Generation den Hof im niederösterreichischen Pielachtal bewirtschaftet. „Seit 200 Jahren wohnen Braunsteiners hier und betreiben Viehzucht“, sagt er.

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Inzwischen hat sich einiges auf dem Hof geändert. Ein neuer Stall hat auch neue technische Möglichkeiten gebracht: Eine elektrisch betriebene Bürste kratzt den Tieren den Rücken, wenn sie dagegen drücken. Ein lasergesteuerter Melkroboter saugt den Kühen rund um die Uhr immer dann Milch aus dem Euter, wenn sie das selber wollen. Der Roboter kann aber noch viel mehr: Bei jedem Melken misst er das Gewicht und den elektrischen Widerstand der Haut des Tieres, den Grad des Wiederkäuens sowie Inhaltsstoffe der Milch und ordnet die Daten über deren Funkhalsband jedem Tier zu. Alle Parameter lassen sich in der Zentrale des Stallgebäudes am Bildschirm abrufen. „Damit habe ich unzählige Informationen. Natürlich haben das unsere Vorfahren ohne Computer genauso gut geschafft, aber ich bekomme einen perfekten Überblick, kann wahrscheinlich früher reagieren, wenn es nötig ist“, sagt der Bauer.

Wichtig ist aus seiner Sicht auch die Zusammenstellung des Futters: „Wir bauen das Grünfutter und die Silage selber an, das Kraftfutter kaufen wir zu“, erläutert der Landwirt. Das Futter müsse man ihnen regelmäßig reichen und sollte die Zusammenstellung der Nahrung auch nicht abrupt ändern. Das vertragen sie nicht gut.

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Gleichzeitig bleibt der Kontakt zu den Tieren intensiv: „Wir sind jeden Tag mehrmals im Stall. Bringen Stroh als Einstreu in die Liegeboxen, die die Kühe im Laufstall frei auswählen können. Manchmal rangeln sie auch darum. Wir misten aus, überprüfen alle Geräte“, sagt Braunsteiner. Allerdings wollen nicht alle Tiere gleich viel Körperkontakt. Manche möchten gestreichelt werden und kuscheln, andere mögen das gar nicht. Vorzeigekuh Sigi beispielsweise hat die Vorliebe fürs Kraulen erst in den vergangenen Jahren entwickelt.

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Die Nähe zu den Tieren sorgt auch dafür, dass die Landwirte recht schnell merken, wenn sich eines nicht wohlfühlt: „Man kann es nicht so gut beschreiben, aber sie bewegen sich anders, sind etwas träger“, berichtet Braunsteiner. Zusätzlich zu den Gesundheitsdaten des Roboters gibt das ein gutes Bild über ihren Gesundheitszustand.

Derzeit erholt sich eine der Kühe in einem abgegrenzten Bereich liegend von den Anstrengungen einer Geburt. „Die braucht länger als andere, um sich zu fangen. Also bringe ich ihr regelmäßig Futter und Wasser“, erzählt Tochter Carina.

Zukunft

„Die Tiere züchten wir auf unserem Hof selber, wählen per Computer aus dem Angebot den passenden Stier für die künstliche Besamung aus“, sagt Braunsteiner, der seinen Beruf liebt. „Wir sind viel in der Natur und haben nicht weit zum Arbeitsplatz“, sagt er.

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Auch um die Nachfolge muss er sich keine Sorgen machen: Seine Tochter Carina wird mit ihrem Mann Roland den erweiterten Betrieb irgendwann übernehmen. Die Familie konnte die Flächen eines Nachbarhofes dazupachten und die Zahl der Tiere auf die aktuellen 50 erhöhen.

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Mit ihren 16 Jahren ist Sigi für eine Milchkuh eine betagte Dame. Die verbringen nämlich im Schnitt nur acht Lebensjahre auf einem Hof. „Aber irgendwann geht jedes Leben zu Ende. Wir werden sicher kein Tier leiden lassen“, betont Braunsteiner. „Aber wenn Sigi abgeholt wird, das wird nicht leicht, das wird sehr weh tun“, meint er.