Die Sumpfschildkröte und ihr Schloss
Von Axel Halbhuber
Die Schlösser im Marchfeld nahe Wien haben einiges gemeinsam, vor allem Geschichte. Und doch hat jedes seine Besonderheit: Im Schloss Orth ist die Natur der Hauptdarsteller, Geschichte und Bauwerk dienen dafür vor allem als pittoreske Kulisse.
Dabei wurde das dicke Gemäuer erstmals im Jahr 1021 erwähnt, Grabungsbelege gibt es für die Zeit seit 1300. Lauscht man den Führungen in der sehr klaren, modernen Ausstellung im Schloss, hört man von "Niederungsburgen" – auf künstlichen Hügeln im Überschwemmungsgebiet angelegt – und von vergleichbaren Renaissance-Kastellen. Hier wird Geschichte für Feinspitze erzählt.
Greifbarer wird die Schloss-Historie ab dem Jahr 1824, als Kaiser Franz I. das Schloss kaufte, in dem später sein Nachfahre Kronprinz Rudolf die Schramml-Soireen abhielt und dabei seinen legendären Kutscher Joseph Bratfisch kennenlernte. Mit der Figur Rudolf kommt man in Orth auch dem eigentlichen Star wieder nahe: Er liebte die Auwälder rund um das Schloss, mimte den Forscher, den Historiker heute als "der gerne mit der Flinte forschte" beschrieben.
Bis 1960 war das Schloss Getreidespeicher und eher verstaubtes Museum, aber seit dem Umbau und der Wiedereröffnung 2005 werden solche Geschichten hier leidenschaftlich erzählt. Seitdem wurde die Schlossgeschichte auch archäologisch erforscht. Einige der Fundstücke sind ausgestellt.
Kulissen-Theater
Besonders schön vereint werden geschichtlicher Rahmen und opulente Natur im historischen "Au-Theater": Zur Erzählung im Shakespeare-Stil schieben die Besucher selbst immer mehr Seitenkulissen auf die Bühne, wodurch nach und nach eine Au-Landschaft entsteht.
So liebevoll der Nationalpark Donau-Auen im Schloss vermittelt wird, der Schritt hinaus ist besser: Das Schloss liegt direkt an der Grenze zum Nationalpark, als Verbindung dient die "Schlossinsel": Auf einer angelegten Insel werden die Au als Lebensraum und ihre Bewohner vorgestellt, bis zur Unterwasser-Station. Besonderer Star ist neben den Schlangen (im Gehege) die Europäische Sumpfschildkröte, Reptil des Jahres 2015 und einzige natürlich vorkommende Schildkrötenart Österreichs.
Schloss und seine Inselbewohner lassen sich auch im Rahmen des Ferienprogramms noch an allen August-Donnerstagen entdecken (14–17 Uhr, keine Anmeldung erforderlich, im Eintrittspreis inkludiert). Die Nationalpark-Ranger beobachten, experimentieren und basteln dabei mit den Jung-Forschern. Ganz ohne Flinte.
Schloss & Geschichte
Schloss Orth hat eine bewegte Geschichte: errichtet im 12. Jhdt. als mittelalterliche Wasserburg, Jagdschloss von Kronprinz Rudolf, Museumsstandort. 2005 wurde es nach einer Renovierung neu eröffnet, seitdem beheimatet schlossORTH das Nationalpark- Zentrum Donau-Auen. Das museumORTH, ebenfalls Teil des Schlosses, zeigt die Geschichte der Donaugemeinde Orth.
Natur & Info
Das Auerlebnis-Freigelände "Schlossinsel" zeigt Tiere und Pflanzen des Lebensraums ganz nah, besondere Attraktion ist Österreichs einzige begehbare Unterwasserstation. Bis 1. 11. ist das "Tor zur Au" täglich geöffnet, Info zu Führungen, Eintritt und Events auf www.donauauen.at.
Alle Termine und Infos zu den Marchfeldschlössern finden Sie auf www.schloesserreich.at.