Leben/Gesellschaft

Schauspieler haben stärkeres Streben nach Bewunderung

Psychologen der Universität Leipzig und der Westfälischen Wilhelms-Universität gingen der Frage nach, ob Schauspieler anders ticken als der Durchschnittsbürger. Sie konzentrierten sich dabei auf ein schillerndes Persönlichkeitsmerkmal: den Narzissmus. "Wenn von Narzissten die Rede ist, sprechen wir von Menschen mit zwei Gesichtern", erklärt Studienautor Michael Dufner. "Zum einen legen sie charmantes Verhalten an Tag, sie sehen gut aus und können gut unterhalten, aber wenn man sie näher kennenlernt, kommen häufig die dunkleren Seiten ans Licht, wie Neid, Missgunst und Aggressivität."

Bewunderung

Entsprechend gebe es zwei unterschiedliche zentrale Merkmale des Narzissmus. Zum einen sei da ein starkes Bedürfnis nach Bewunderung, zum anderen aber die Tendenz, andere Menschen - und insbesondere potenzielle Rivalen - abzuwerten. Wie sind diese beiden Hauptfacetten des Narzissmus nun bei Schauspielern ausgeprägt? In zwei Studien verglichen Dufner und Kollegen jeweils eine Gruppe von Schauspielern mit einer Vergleichsgruppe. In der ersten Studie baten sie eine Gruppe von Schauspielstudenten und eine Gruppe von Studierenden anderer Fächer, einen Narzissmus-Fragebogen auszufüllen. Die Ergebnisse zeigten, dass die Schauspielstudenten zwar ein stärkeres Streben nach Bewunderung hatten, dieses war jedoch gepaart mit einer abgemilderten Neigung, andere Menschen abzuwerten.

Abgemildert

In der zweiten Studie legten die Psychologen den Fragebogen einer Gruppe aktiver Schauspieler vor. Zusätzlich baten sie die Schauspieler, einem engen Bekannten eine auf Fremdurteile hin umformulierte Version des Fragebogens zu geben, um so eine Außensicht auf die Persönlichkeit der Schauspieler zu gewinnen. Die Ergebnisse waren praktisch ident mit denen der ersten Studie: Die Schauspieler hatten ein stärkeres Bedürfnis nach Bewunderung als Personen einer Vergleichsgruppe, zugleich aber weniger abwertende Tendenzen als diese. Diese Selbsteinschätzungen der Schauspieler wurden durch die Einschätzungen der Bekannten bestätigt.

"Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Schauspieler tatsächlich eine erhöhte Tendenz zum narzisstischen Streben nach Bewunderung und Selbstdarstellung haben", schreiben die Wissenschaftler. Das Streben nach Bewunderung könnte demnach bei Schauspielern eine wichtige Antriebsfeder darstellen. Gleichzeitig scheinen Schauspieler jedoch sogar eine abgemilderte narzisstische Tendenz zur Fremdabwertung und Aggressivität aufzuweisen. "Narzisstischer Neid und Missgunst sind hingegen eher untypisch für Schauspieler", sagt Dufner. "Eventuell, weil sie keine guten Voraussetzungen für Erfolg auf der Bühne sind."