Leben/Gesellschaft

"Es ist ein schmerzhafter Beruf"

KURIER: Frau Saba, was bewundern Sie an Regina Fritsch?

Saba: (zu Fritsch) Du schaffst so eine Wohlfühlatmosphäre, wo man weiß, jetzt kann man nichts falsch machen, man muss keine Angst haben. Auf der Bühne bringst du Ruhe mit, aber gleichzeitig so eine Lebendigkeit. Du hast keinen Druck, den Raum zu füllen, aber trotzdem diese Präsenz, dass man gar nicht weg will von dir. Deswegen kannst du auch so berühren, ohne dass der Zuseher das Gefühl hat, er muss jetzt berührt sein.

Fritsch: Schön, ich weiß genau, was du meinst – sprichst du wirklich von mir? (lacht)

Frau Fritsch, was bedeuten Ihnen solche Worte aus dem Mund einer Studentin?

Fritsch: Sehr viel. Ich kenne das ja von meiner Zeit an der Schauspielschule: Nie ist man so kritisch wie in der Studienzeit. Es gefällt einem kaum etwas, man kann immer alles besser, oder zumindest glaubt man das. Deswegen ist es überwältigend, so etwas zu hören. Das freut mich enorm.

Sie lehren am Max Reinhardt Seminar. Welchen Unterschied macht es für Sie, ob Sie auf der Bühne stehen oder unterrichten?

Fritsch: Für mich war das ein unglaublicher Schritt. Ich dachte zuerst gar nicht, dass ich das kann. Angst vorm Scheitern ist ein großes Thema für uns Schauspieler.Von Anfang an habe ich mir vorgenommen, nicht mit Druck zu unterrichten. Das ist grauenhaft und bringt nichts – Angst macht dumm.

Saba: Das überträgt sich von dir aber auch vom Unterricht auf die Bühne. Das ist ja das Tolle.

Frau Fritsch, Sie haben sich damals nicht am Reinhardt Seminar beworben, weil Sie sich nicht getraut haben.

Fritsch: Das ist richtig. Ich habe bei einer einzigen Schauspielschule vorgesprochen, beim Krauss – wenn die mich nicht genommen hätten, wäre es das gewesen. Ich hätte es nicht noch einmal versucht. Schauspielerin zu werden, war die letzte Wahl.

Saba: So war das bei mir auch. Ich habe lange rhythmische Gymnastik gemacht, war sogar bei den Staatsmeisterschaften. Irgendwann hat mir das nicht mehr getaugt und ich wusste nicht, was ich machen soll. Dann fiel mir ein, was mein Physik-Lehrer in der achten Klasse zu mir gesagt hat: Er erinnerte sich daran, dass ich mit 13 zu ihm gesagt habe, ich werde Schauspielerin und am Max Reinhardt Seminar studieren.

Fritsch: Haben deine Eltern versucht, dir das auszureden?

Saba: Nein, überhaupt nicht. Für meinen Vater, er ist Architekt, war es das Schlimmste, dass ich in meinem Unwissen zuerst versucht habe, BWL zu studieren.

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Frau Fritsch, Ihre Tochter Alina ist auch Schauspielerin. Stimmt es, dass Sie anfangs nicht sehr angetan waren von ihren Plänen?

Fritsch: Ich war überhaupt nicht begeistert. So sehr ich diesen Beruf liebe, zu Hause brauche ich viel Ruhe und möchte nicht vom Theater reden. Wenn man probt, reicht das für mich. Nun ist es natürlich so, dass wir zu Hause oft über das Theater diskutieren, und das finde ich grauenhaft. (lacht) Der zweite Grund ist, dass es ja gute Schauspieler wie Sand am Meer gibt. Es ist ein sehr schmerzhafter Beruf. Ich vergleiche es mit an der Front stehen: Man steht immer vorne, ohne Rüstung, und es kann dir jeder eine reinhauen. Für das eigene Kind wünscht man sich das nicht. Erstaunlicherweise ist sie viel selbstbewusster als ich.

Trotz aller Schmerzen – was reizt Sie an diesem Beruf?

Fritsch: Es ist schon der tollste Beruf, den man sich vorstellen kann – weil man so viel ausleben kann, das normal nicht möglich wäre. 300 Rollen – 300 Leben – in einem Leben.

Saba: Genau. Ich hab halt nur mich und meine Geschichte. Da ist es schön, einmal auszusteigen und für etwas zu kämpfen, was ich im normalen Leben nicht hab.

Was erhoffen Sie sich beruflich, Frau Saba?

Saba: Ich wäre wahnsinnig gerne am Burgtheater – eine junge Schauspielerin, der man viel zutraut. Und ich würde gerne drehen, auch im Ausland. Das, was Christoph Waltz passiert ist, ist natürlich der Wahnsinn.

Fritsch: So etwas kann man sich wünschen, aber nicht wirklich anpeilen. Waltz hat zwar in London gelebt, aber wie er zu den Tarantino-Filmen kam, war ja auch ein Wahnsinn. Durch einen Zufall. Ohne Glück geht gar nichts. Wenn es sein wird, wird es sein.

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Stars wie Waltz stehen oft in der Öffentlichkeit. Wie gehen Sie damit um?

Fritsch: Es ist eine Charaktersache, ob man gerne in den Seitenblicken ist. Mir ist das wahnsinnig unangenehm. Das hat natürlich Konsequenzen: Was den Film betrifft, ist die Medienpräsenz extrem wichtig. Es kommt oft – das sag ich jetzt ganz frech – gar nicht darauf an, ob man ein toller Schauspieler ist, sondern welchen Marktwert man hat.

Saba: Weißt du, was mir letztens passiert ist? In der U-Bahn hat mich jemand gefragt, ob ich Schauspielerin bin. Er hat mich spielen gesehen und es hat ihm gefallen. Ist das nicht nett?

Fritsch: Entzückend!

Saba: Wenn dich ein Fremder anspricht, ist das schon komisch. Aber das Schöne ist, dass man für seine Arbeit anerkannt wird. In den Seitenblicken zu sein, weil man beim letzten Store Opening war – das ist uninteressant.