Leben/Gesellschaft

Rätsel um Supervulkan nahe Neapel

Ein schlummernder Supervulkan im Nordwesten Neapels beunruhigt die Behörden. Unter den Phlegräischen (griechisch: brennenden) Feldern nahe der Millionen-Metropole Neapel liegt eine riesige Magmakammer. Seit Jahrzehnten beobachten Forscher und Zivilschützer, wie sich die Erde dort hebt und senkt.

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Jetzt zeigen Bilder des europäischen Satelliten "Sentinel 1A", dass die Hebung kleiner geworden ist. Die von derEuropäischen Raumfahrtbehörde Esaverbreiteten Aufnahmen beruhen auf Messungen zwischen Oktober 2014 und März 2015. Der Boden hebt sich demnach um etwa einen halben Zentimeter im Monat - und damit deutlich weniger als vor etwa drei Jahren. Eine Entwarnung bedeutet das aus Sicht der Wissenschaftler nicht.

"Es lässt eigentlich keinen wirklichen Schluss auf die Gefährlichkeit zu", sagt Thomas Wiersberg vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) in Potsdam. "Wir wissen nicht genau, warum es diese Hebungs- und Senkungsphasen gibt und wie sie zu bewerten sind. Meine persönliche Vermutung ist, dass es eine Abklingphase ist." Genauso könne es aber auch eine Ruhephase vor einem erneuten Anstieg sein. "Aus dem Wert allein kann man keine Schlüsse ziehen."
Eine These lautet: Der Boden hebt sich, weil sich die Magmakammer unter den Phlegräischen Feldern füllt, die vermutlich mit der Magmakammer unter dem östlich gelegenen Vesuv verbunden ist. Mit höherem Druck könnte die Gefahr einer Eruption steigern. Der letzte Ausbruch war 1538 - er verlief vergleichsweise glimpflich. Es gab allerdings immer wieder auch Phasen mit starken Hebungen, ohne dass es zu einer Eruption kam. An einem 2000 Jahre alten Tempel etwa sind Muschelspuren zu sehen - er muss also zeitweise unter dem Meeresspiegel gelegen haben.

Warnstufe

Anfang der 1970er und in den 1980er Jahren hob sich der Boden jeweils innerhalb weniger Jahre um eineinhalb Meter - und sank danach teilweise wieder ab. 2012 hob sich der Boden wieder stärker, etwa drei Zentimeter pro Monat, wie Sven Borgstrom vom italienischen Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie sagt. Der italienische Zivilschutz hob damals die Warnstufe an. Sie besteht bis heute. "Wir hatten Phasen, in denen die Hebung stark war, was auch mit Erdbeben einherging, ohne dass es dabei zu einem Vulkanausbruch gekommen ist", sagt Wiersberg. "Wir wissen einfach nicht genau, warum es diese Hebung- und Senkungsphasen gibt und was sie bedeuten."

Um den Vulkan besser zu verstehen und die Gefahren konkreter einschätzen zu können, starteten Wissenschaftler unter Leitung von Giuseppe De Natale vom Osservatorio Vesuviano des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (INGV) 2012 Bohrungen. "Wir verfolgen sehr aufmerksam die Veränderungen", sagte De Natale damals. Auf einem stillgelegten Fabrikgelände im Stadtteil Bagnoli im Westen der Millionenstadt schraubte sich das Bohrgestänge in die Tiefe, zunächst auf rund 200 Meter, später auf rund 500 Meter. Messinstrumente wurden im Bohrloch versenkt und zeichnen seither Bewegungen in der Erde auf. Befürchtungen, dass die Bohrung den Vulkan aus dem Gleichgewicht bringen könnte, bestätigten sich nicht. "Es hat keine Probleme gegeben", sagt Wiersberg.

Die Phlegräischen Felder zählen zu den weltweit wenigen Dutzend Supervulkanen. Ein Ausbruch könnte schwere Folgen für die stark besiedelte Region und ganz Europa haben, zudem könnten weltweit Auswirkungen wie etwa Klimaveränderungen drohen. Eine Prognose zu den drohenden Folgen ist kaum möglich, da es zu wenig Daten zu Supervulkan-Ausbrüchen gibt.