Winzige Haustiere
Von Hedwig Derka
Sie sitzen auf Vierbeinern, in Fellbürsten oder am Gewand des Halters. Sie leben im Heu oder unter der Haut von Artgenossen. Sie bevölkern die Erde, den Kot anderer Tiere oder werden als Eier damit ausgeschieden: Parasiten sind Haustiere, die keiner haben will. Denn die Mitesser sind für ihren Wirt zumindest unangenehm, im schlimmsten Fall sogar tödlich. Durch die vermehrte Freilandhaltung von Kleintieren steigt der Befall auch bei Kaninchen.
„Es gibt viele Übertragungswege. Jeder Weg ist ein Zufall, aber in der Gesamtheit ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass sich ein Haustier ansteckt“, sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergartens Schönbrunn weiß, dass Vierbeiner, die sauber gehalten werden, seltener unter Parasiten leiden als Kleintiere, die unter hygienisch ungünstigen Bedingungen hausen. 100-prozentigen Schutz gibt es nicht. Zoodoc Katharina Reitl kennt die Parasiten-Problematik aus der Tierärztlichen Ordination Tiergarten Schönbrunn. Die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team erklärt, wie Kaninchen vor Schmarotzern bewahrt werden können und wie sie Krankheitserreger wieder loswerden.
Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Parasiten: Flöhe, Läuse, Milben, Würmer, Haarlinge, Einzeller. „Die Symptome bei Befall sind oft sehr ähnlich“, sagt Reitl. Putzt sich das Kaninchen mehr als sonst – zum Beispiel auch beim Fressen, zuckt es kurz zusammen und kratzt sich dann oder dreht es den Kopf zum Rücken und beißt sich dort, hat es Durchfall, verliert es Haare oder zeigen sich krustige Hautstellen, können das Anzeichen für ungebetene Gäste sein. Der Verdacht besteht auch, wenn Kaninchen besonders ruhig oder besonders aktiv sind. In diesen Fällen bleibt nur die Vorstellung beim Veterinärmediziner.
Bestimmung
Der Experte ist gefordert, er muss den Übeltäter identifizieren. Proben von Haaren, Haut und Blut oder ein eingefangener Parasit unter dem Mikroskop helfen bei der Bestimmung. Infolge beginnt die Therapie. Es gibt eine breite Palette an Präparaten. „Die meisten Schmarotzer lassen sich gut in den Griff kriegen, auch wenn es manchmal langwierig ist. Manche Patienten kann man zwar nicht heilen, aber ein Leben ohne Leid ist gut möglich“, beruhigt die Tierärztin.
Damit es nicht so weit kommt, ist Hygiene in der Haltung oberstes Gebot. Ein sauberes Gehege ist der beste Schutz vor Krankheitserregern. Hier können sich Parasiten nicht so rasch vermehren wie in einem verschmutzen Käfig. Täglich frisches Futter und Trinkwasser in ausgewaschenen Näpfen verhindern eine Verunreinigung durch Kot und Urin, auch das hält Ungeziefer in Schach. Gut belüftete Häuschen beugen einem warmen, feuchten Klima – ideal für Milben, Bakterien und Pilze – vor. Ausgewogene Ernährung stärkt die Abwehrkräfte der Kaninchen. Stress z. B. bei Einzelhaltung oder in großen, instabilen Gruppen hingegen schwächen das Immunsystem.
„Jeder Patient reagiert unterschiedlich schnell auf Parasiten. Spätestens aber bei Symptomen müssen Kaninchen zum Tierarzt. Und Halter den Stall ausmisten, alles gründlich waschen und gegebenenfalls desinfizieren“, fasst die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team zusammen: „In Panik muss niemand verfallen.“
„Kaninchen, bei denen der Verdacht auf Parasitenbefall besteht, müssen so bald wie möglich zum Tierarzt“, rät Katharina Reitl. Die Kleintier-Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team hält nichts von Therapie in Eigenregie. Die richtige Diagnose ist selbst für den Veterinärmediziner nicht immer einfach zu stellen. Es gibt viele Arten von Schmarotzern – darunter:
Flöhe: Kaninchenflöhe sind mit freiem Auge erkennbar. Ihre häufigen Besuche sind unangenehm für den Vierbeiner, das Blutsaugen verursacht Juckreiz. Zudem gelten Flöhe – so wie Stechmücken – als Überträger der lebensbedrohlichen Myxomatose. Eine Impfung schützt die Heimtiere vor der Wasseransammlung unter der Kopfhaut.
Läuse: Kaninchen im Freigehege werden z. B. von der Wildkaninchenlaus heimgesucht. Die Stiche haben Jucken, Haarausfall und Hautirritation zur Folge. Der Tierarzt identifiziert Läuse oder Nissen.
Milben: Grabmilben bohren Gänge in die Haut ihres Wirtes und ernähren sich von Zellflüssigkeit. Sie werden z. B. von der Kaninchen-Mutter auf die Jungen weitergegeben. Die Auswertung einer tiefen Hautgeschabsel im Labor schafft Klarheit.
Haarlinge: Die 1,5 mm großen Insekten stehen auf Hautschuppen – gerne an Kopf, Rücken und um den After des Haustieres. Befall zeigt sich an den Mitessern tief im Fell bzw. an Eiern, die an den Haaren kleben.
Würmer: Spulwürmer z. B. siedeln sich im Darm an. Die Patienten magern ab und leiden an Durchfall. Eier, mitunter auch Würmer können im Kot des Vierbeiners nachgewiesen werden.
Einzeller: Die Parasiten gelangen über die Nahrung ins Kaninchen. Im Darm vermehren sie sich und verteilen sich über die Blutgefäße bevorzugt in Gehirn und Niere. Die Schmarotzer werden mit Urin und Kot ausgeschieden. Der Befund erfolgt über eine Blutprobe.