Leben/Gesellschaft

Österreicher: Was die Briten von uns halten

Unser Bier ist fad, der Wein schmeckt, als würde man an Eisenspänen lecken und den österreichischen Damen fehlt ein wichtiger Muskel im Oberarm. Nein sorry, eigentlich allen Damen, aber nur die österreichischen Herren von den Wiener Philharmonikern glauben noch an so einen Schwachsinn, der Frauen angeblich zu schlechteren Geigerinnen macht ...

So ist das also, wenn ein Brite über Österreich schreibt. Typisch. Österreichbeschimpfung – soll er doch zu Hause bleiben, der Herr Engländer, bald braucht er eh ein Visum, wenn er hier bleiben will, na der wird sich anschaun! So ist das, wenn wir uns beleidigt fühlen ...

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In Wahrheit ist der "Xenophobe’s Guide ..." des englischen Autors Louis James – seit Jahren ein Dauerbrenner in den britischen Buchläden –, eine so scharfsichtige wie amüsante Wanderung durch die zerrissene Landschaft der österreichischen Seele. Die kleinen Spitzen und Seitenhiebe sind witzig und intelligent, in erster Linie ist James fasziniert von der tief verankerten Ambivalenz, die sich durch fast alle österreichischen Lebensbereiche zieht.
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Diese Leichtigkeit etwa, verglichen mit den deutschen Nachbarn, die allerdings gepaart ist mit einem unerklärlichen Hang zur Melancholie und zu schwermütigen Gedanken, gerade wenn man in befreundeter Runde bei einem Glaserl Wein sitzt. Wobei er unser Faible für den "Heurigen" nicht so ganz nachvollziehen kann, wie oben bereits angeklungen ist. Oder: dieses große und goldene Wiener Herz, das Hunderln und Katzerln und Vogerln in sich einschließt und wenn’s sein muss auch einige Menschen, so lange es nicht der Nachbar ist. Das aber auch Gift und Galle versprühen kann, dem Neid und Missgunst keineswegs unbekannt sind. Wenn man selbst etwas nicht kann oder will, dann darf es gefälligst auch niemand anderer können oder wollen! Berühmt und reich werden ebenso wenig wie sein Geschäft länger geöffnet halten. "Das hamma noch nie g'macht." – "Das hamma immer schon so g'macht." – "Da könnt ja jeder kommen", sind Sätze, die nun zum Glück auch einige Engländer kennen. Der gerechte Zorn gegen die Hohen und Mächtigen, aber auch eine Tendenz, sich dem zu fügen, was schon immer so war.
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Und wehe dem, der sich nicht an Klassenregeln hält! Wir lieben es, wenn Hochmut zu Fall kommt, noch mehr sogar, wenn wir das Gefühl haben, ein klein wenig dazu beigetragen zu haben. Auch wenn die empfundene Hochmut eine rein subjektive Einschätzung war. "Ein nationales Hobby" nennt James das genüssliche Zerplatzen lassen von Ambitionen anderer, die allzu gern als Anmaßung empfunden werden. Ganz nach Grillparzers "… die Größe ist gefährlich, und der Ruhm ein leeres Spiel."James geht weit zurück in die österreichische Vergangenheit und stellt erstaunt fest: Während in anderen Ländern Dynastien lediglich vorübergehende Episoden in der Geschichte einer Landesbevölkerung sind, waren im Habsburger Reich die Bewohner nur eine mühsame Erschwernis in der Geschichte der Dynastie.

Und so lässt sich vieles, was heute als "typisch österreichisch" gilt, auf die lange Zeit des Zurecht-kommen-Müssens unter einer absolutistischen Herrschaft, in Metternichs Polizeistaat und den Mühlen einer so undurchschaubaren wie allmächtigen Bürokratie im k.u.k-Reich zurückführen.James zeigt sich amüsiert von unserer Liebe zu den Sängerknaben und den nationalen Ski-Helden, denen aus für James unerfindlichen Gründen bei jeder Gelegenheit, am liebsten direkt hinter der Ziellinie, ein Mikro unter die Nase gehalten wird. Von unserer Sammelleidenschaft, der sich sogar Freud nicht entziehen konnte und unserer obsessiven Beschäftigung mit dem Tod. Beeindruckt ist er von unserem seit Mozarts Zeiten ungebrochenen kulturellen Interesse, das uns dazu bringt, sogar in der Tabaktrafik über Theaterintendanten und ge- oder misslungene Inszenierungen zu diskutieren. Hier muss ihm leider widersprochen werden: Das heimische Interesse für Hochkultur ist wohl um nichts höher als in England. Andererseits bedeutet das aber auch etwas Positives: Wir können wahnsinnig gut über Dinge diskutieren, von denen wir keine Ahnung haben …

Auch ob die große Sensibilität, die James im Österreicher ortet tatsächlich so ausgeprägt ist, wie er meint, kann bezweifelt werden. Vielleicht sind wir auch nur ziemlich wehleidig – und schnell beleidigt, siehe oben.Derbheiten oder Angriffe unter der Gürtellinie findet man in James’ Buch nicht. Zu mehr als einer erstaunt hochgezogenen Braue ob der von ihm erkannten Schrulligkeiten lässt er sich nicht hinreißen. Dafür ist er zu sehr Brite. Dafür werden wir die Briten vermissen. Mit wesentlich härteren Bandagen ging da schon Manfred Deix der Frage nach, was denn nun den Österreicher ausmacht. Seine Bilder gewährten belustigende und verstörende Blicke in die Abgründe des österreichischen Alltags. Dafür wurde er verehrt – und auch angefeindet. "Man hat mir oft Geschmacklosigkeit vorgeworfen. Aber wer denn, wenn nicht der Satiriker, soll die Dinge beim Namen nennen", sagte er selbst dazu.

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Das Karikaturmuseum Krems widmet dem Künstler ab 14. Mai eine neugestaltete Ausstellung: "Immer wieder Deix!" Mit einer umfassenden Schau seiner aufwendig aquarellierten Klassiker und bisher unveröffentlichtem Material. Was wohl der Brite Louis James zu seinen "Zumpferl-Bildern" sagen würde?

James heißt in Wirklichkeit übrigens Nicholas Parsons, ist Reisejournalist und hat auch einige "seriöse" Österreich-Guides geschrieben. Das Pseudonym verwendete er, weil er seit Jahren in Wien lebt und Anfeindungen fürchtete. Die kamen auch, wie er sich später erinnerte. Ein Bekannter hatte herausgefunden, dass er der Autor des Buches war und ihn angerufen. "Ich muss mich bei dir beschweren", knurrte er ins Telefon. "Warum?" – "Du bist viel zu nett zu uns!"

Das hat zu Manfred Deix wohl nie jemand gesagt ...

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Tierliebe und Sportbegeisterung der Österreicher. Zwei Themen, die sowohl den Autor als auch den Zeichner beschäftigen...

Immer wieder Deix!
Die neue Dauerpräsentation der Arbeiten von Manfred Deix mit bisher unveröffentlichem Material.
Ab 14.5.2017 im Karikaturmuseum Krems, www.karikaturmuseum.at