Leben/Gesellschaft

Nur jeder fünfte Österreicher ist glücklich

Nur jeder fünfte Österreicher ist frei von Problemen, die die Lebensfreude beeinträchtigen. Das zeigen erste Ergebnisse einer zweijährigen Studie der Modul University Vienna. Neben anhaltenden Geldsorgen, Schmerzen, Einsamkeit und Stress mindern auch Frust über die Arbeit und über sich selbst die Zufriedenheit.

Üblicherweise würden Umfragen ein Bild von glücklichen Österreichern ergeben. So zeigten sich in einer zu Beginn des Jahres veröffentlichten Studie etwa vier von fünf Österreichern (82 Prozent) mit ihrer Lebenssituation zufrieden, 30 Prozent davon sogar sehr. "Tatsächlich ist das Lebensgefühl vieler BürgerInnen aber weniger ungetrübt als diese Zahl vermuten lässt", hieß es am Dienstag in einer Aussendung der Privatuniversität.

Unterschiedliche Ergebnisse

Bei solchen Umfragen würden geschlossene Fragen mit vorgegebenen Alternativen jedoch dazu führen, dass Befragten kritische Gesamtbewertungen des eigenen Lebens zu eher vermeiden, erklärt Ivo Ponocny, Leiter des Department of Applied Statistics and Economics der Modul University die Unterschiede in den Ergebnissen der Glücksumfragen. "Positive Zahlen dürfen daher nicht als ungetrübtes Glück fehlgedeutet werden."

In seiner zweijährigen Studie wurden 550 Interviews an zehn Standorten, 335 speziell ausgefüllte Tagebücher sowie 1.432 detaillierte Fragebögen ausgewertet. Dabei konnten die Wissenschafter u.a. deutliche regionale Unterschiede identifizieren. So wurden in größeren Städten - im Vergleich zu kleineren Orten - neben offensichtlichen Aspekten wie dem urbaneren Ortsbild und der verbauten Landschaft auch die Altenpflege und Kinderbetreuung als signifikant nachteilig für die eigene Zufriedenheit eingestuft. Dagegen gibt es etwa bei der Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung keine regionalen Unterschiede.

Nichtraucher, verheiratet, gebildet, glücklich

Starken Einfluss haben auch die ganz persönlichen Lebensumstände: "Generell gesagt, kennen im Allgemeinen Nichtraucher, Verheiratete und Menschen mit höherer Bildung am wenigsten Unzufriedenheit, wobei allerdings das 'Glück' mit Ausbildung und Einkommen nicht so stark ansteigt wie die 'Zufriedenheit'", sagt Ponocny. Auch wenn ihre Zahl in der Umfrage sehr klein war: Deklarierte Hausmänner erreichten von allen untersuchten Gruppen die besten Zufriedenheitswerte.

Bei den geschlechtsspezifischen Unterschieden ragen nach Angaben der Uni zwei Faktoren besonders heraus: Das Gefühl unattraktiv zu sein, beeinflusse Frauen deutlich häufiger als Männer - dafür würden insbesondere ältere Männer eher unter einem unerfüllten Sexualleben leiden.

Die Studie

Insgesamt wurden während der zweijährigen Studie 550 Interviews an 10 Standorten geführt, 335 speziell ausgefüllte Tagebücher ausgewertet sowie 1.432 ausgeklügelte Fragebögen verteilt. Detaillierte Informationen finden Sie hier.

Alle Inhalte anzeigen
Alle Inhalte anzeigen

Es muss nicht gleich ein Lottogewinn oder der Sieg der Lieblings-Fußballmannschaft sein. Auch ein schöner Sonnenuntergang oder eine gute Nachspeise können glücklich machen. In Innsbruck diskutieren dieser Tage rund 1000 Psychologen aus 61 Ländern über die neuesten Erkenntnisse aus der Glücksforschung.

„Man kann keinem Menschen auf den Kopf zusagen, was ihn glücklich machen wird“, erklärt Kongresspräsident Prof. Stefan Höfer von der MedUni Innsbruck gleich vorweg. „Es gibt keine Checkliste, die man abarbeiten kann damit man danach glücklich ist.“ Essenziell sei es, in den Dingen, die man tut, einen Sinn zu sehen – sie mit Freude zu machen.

Am wichtigsten sind nicht Gesundheit oder Geld

„Oft steht bei der Frage nach Glück die Gesundheit im Zentrum – Glück und Wohlbefinden sind aber mehr als die Abwesenheit von Krankheit. Ein Leben ohne Schmerzen ist noch lange kein glückliches Leben“, sagt Höfer. Das wichtigste für Menschen sei nicht Gesundheit oder etwa Geld, sondern andere Menschen.

So konnte etwa eine Studie zeigen, dass Lottogewinner und Menschen, die nach einem Unfall auf den Rollstuhl angewiesen sind, nach einer gewissen Zeit wieder genauso zufrieden mit ihrem Leben waren wie vor den Ereignissen. Ob hohe Glücksgefühle, oder große Krisen – das Wohlbefinden pendelt sich nach einer gewissen Zeit wieder auf den sogenannten „Set-Point“ ein. „Menschen haben so eine Regenerationsfähigkeit, dass wir uns wieder bei einem bestimmten Level einpendeln.

Langfristige Effekte

Dieser Theorie widerspricht wiederum der renommierte Glücksforscher Ruut Veenhoven von der Erasmus Universität Rotterdam. „Es stimmt, dass wir uns von gewissen Dingen wie etwa einer Ehescheidung erholen können – aber wenn jemand sein Kind verliert, hat das einen langfristigen Effekt.“ So habe eine Studie mit australischen Soldaten, die im Korea-Krieg waren gezeigt, dass sie bis heute weniger glücklich sind als ihre Mitbürger, die nicht im Krieg waren.

Glück ist gesund

Was den Gefühlen gut tut, ist übrigens auch gut fürs Herz. Eine Langzeitstudie an der Columbia University hat gezeigt, dass Menschen, die mit ihrem Leben nicht sehr zufrieden waren, zehn Jahre später eine viel höhere Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hatten.

Übung macht den Meister

Glücklichsein kann man üben – es gibt drei Faktoren, die das Gefühl beeinflussen: Zum einen hängt es von der Umwelt ab, in der wir leben. So sind Menschen in einem geregelten Staat etwa glücklicher als in einem korrupten Staat. Zweitens beeinflusst Genetik die Bandbreite des Glücks – die Gene machen sogar bis zu 40 Prozent aus. Vergleichbar ist das mit dem musikalischen Gen: jemand, der weniger musikalisch ist, muss zum Erlernen eines Instruments länger üben als jemand, der musikalisch ist.

Drittens können wir selbst zu unserem Glück selbst beitragen, indem wir unser Verhalten steuern. Dazu gibt es eine „Drei-Sätze-Übung“: Dabei nimmt man sich über 14 Tage jeden Abend Zeit, etwa beim Zähneputzen, und reflektiert, was an dem Tag gut war, was einen berührt hat, was Spaß gemacht hat. Das kann auch einfach der Weg ins Büro bei schöner Herbstluft gewesen sein. Oder ein Arbeitskollege, der etwas nettes gesagt hat. Es geht darum, die Wahrnehmung zu schärfen.

Die Übung kann verstärkt werden, wenn man seine Eindrücke abends mit jemandem teilt. Eine Studie hat gezeigt, dass Menschen, die diese Übung machen, schon nach einem halben Jahr mehr Wohlbefinden verspürt haben als eine Vergleichsgruppe, die einfach nur Eindrücke vom Tag aufgeschrieben hat.

"Der Glücksweiser"

Veenhoven, der auch die „World Database of Happiness“ gegründet hat, stellt bei dem Kongress sein Projekt „Der Glücksweiser“ vor: In den Niederlanden hat eine Krankenkassa sein Online-Glückstagebuch finanziert, wo die Teilnehmer jeden Tag rekonstruieren konnten. Danach wurden sie gefragt, wie sie sich dabei gefühlt haben. Die Leute, die daran teilgenommen haben, haben sich mit der Zeit glücklicher gefühlt.

„Wir müssen jetzt erforschen, warum das Tagebuch hilft“, sagt Veenhoven. Seine Theorie ist, dass die Menschen dadurch bewusster wahrnehmen, was sie glücklich macht. Heißt: ob sie etwa besser gelaunt sind, wenn sie mit dem Bus oder mit dem Fahrrad in die Arbeit fahren. „Es hilft einen Lebensstil zu kreieren, der für einen selbst besser passt.“