Leben/Gesellschaft

Eine Leine für die Katze

Katzen sind der Österreicher liebstes Haustier – und häufig Sorgenkinder auf vier Pfoten. Lassen sich die Vierbeiner vergesellschaften? Sollen Freigänger zum eigenen Schutz zur Wohnungskatze werden? Können Katzen an der Leine hinaus? KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter, Direktorin des Tiergarten Schönbrunn, hat Tipps für Katzenhalter:

Wir haben seit vier Jahren eine Wohnungskatze. Lilly ist verwöhnt, eher verschreckt, aber auch sehr wehrhaft, wenn sie andere Katzen wittert. Nun überlegen wir, eine Babykatze zu nehmen – einerseits als Gesellschaft für Lilly, andererseits, weil uns das Freude machen würde. Wird das gut gehen?
Katzen haben unterschiedlich ausgeprägte Bedürfnisse nach sozialem Kontakt. Für viele Wohnungskatzen ist ein Artgenosse ein willkommener Spielgefährte, andere wieder akzeptieren keine anderen Katzen in ihrer Umgebung und sind lieber alleine. Solche Katzen kann man nur schwer oder gar nicht vergesellschaften. Da Ihre Katze auch den Nachbarskatzen nicht freundlich gegenübersteht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu den Letzteren zählt, ziemlich groß. Eine quirlige junge Katze mit einer älteren zu vergesellschaften, noch dazu, wenn diese sowieso scheu und ängstlich ist, stellt zusätzlich ein Risiko dar.

Wir füttern seit acht Jahren eine Streunerkatze. Nach einem Unfall musste ihr ein Hinterbein amputiert werden. Nun ist sie seit vier Monaten in der Wohnung, frisst, benützt das Katzenklo, spielt und lässt sich streicheln. Abends maunzt sie immer wieder. Wie merkt man, dass sie glücklich ist? Könnten wir sie mit drei Beinen wieder in die Freiheit – einen Außenbezirk Wiens mit vielen Autos – entlassen?
Ich rate Ihnen in diesem Fall dringend ab, Ihrer Katze wieder Freigang zu geben. Auch wenn sie sicher in der Zwischenzeit gelernt hat, sich mit drei Beinen gut zu bewegen, so ist sie Artgenossen gegenüber (auch Mardern) schwer im Nachteil. Ihre Katze scheint sich bei Ihnen sehr wohl und sicher zu fühlen. Wenn Ihre Katze abends manchmal maunzt, ist das noch kein Zeichen, dass sie unglücklich ist. Vielleicht ist sie nur wenig ausgelastet. Versuchen Sie sie abzulenken und verlegen Sie die Spieleinheiten in diese Zeit.

Seit acht Jahren habe ich einen Kater. Blacky (nicht kastriert) ist ein Findelkind. Sommer und Winter hat er im Keller seinen Platz, wo er durch das Fenster ein- und ausgehen kann. Der Kater ist sehr scheu und sicherlich verhaltensgestört. Ich darf ihn aber streicheln, gebe ihm Futter und er hält sich gerne in unserem Garten auf – vor allem, wenn ich im Garten bin. Seit einer Woche haben wir neue Mieter mit einem jungen Kater. Ben (kastriert) fühlt sich im Garten sehr wohl und sucht alle Plätze auf, die normalerweise Blackys Lieblingsplätze sind. Mein Blacky hat nun den Garten verlassen, sucht auch seinen Schlafplatz nicht auf und frisst wenig. Wenn er da ist, beschnuppert er alle Wege und Stauden und geht wieder. Ich möchte Blacky nicht verlieren!
Natürlich ist es für Ihren Kater Blacky nun eine Umstellung, sein Revier mit einem weiteren Kater teilen zu müssen. Kater Ben scheint sehr selbstbewusst zu sein, denn meist behält in solchen Situationen der mit den älteren Rechten seine Vormachtstellung. In der Regel teilen sich Katzen mit Freigang aber mit der Zeit ihre Reviere selbst ein. Wichtig ist, dass Futter- und Schlafplatz für den anderen tabu sind, sodass Blacky ein sicheres Rückzugsgebiet hat. Vertreiben Sie nötigenfalls den Kleinen aus diesem Bereich und stärken das Selbstbewusstsein von Blacky. Intensivieren Sie in nächster Zeit die Streicheleinheiten, locken ihn mit Leckerlis. Geben Sie ihm das Gefühl, dass es weiterhin sein Zuhause ist. Ob und welche Kontakte die beiden Kater in Zukunft untereinander pflegen werden, müssen sich die beiden selbst ausmachen.

Wir haben drei Hauskatzen – ein kastriertes Männchen und zwei sterilisierte Weibchen. Der Kater will immer bei der Eingangstüre raus, er sitzt davor und schreit die ganze Zeit. Sollen wir mit ihm an der Leine ins Stiegenhaus gehen? Will er dann immer wieder hinaus?
Leider ist das ein bekanntes Phänomen, dass manche Katzen keine geschlossenen Türen mögen. Ich empfehle Ihnen, den Ausflug mit einer Leine nicht durchzuführen! Dem Kater wird bestätigt, dass die Welt nicht hinter der Eingangstür endet, und er wird nur noch mehr darauf drängen, hinauszukommen. Auch wenn es nervt, am besten ist es, das Miauen zu ignorieren oder – wenn möglich – ihn abzulenken. Eine Bekannte hat an der Tür, an der ihre Katze miaut hat, Pfefferminzöl angebracht und war damit erfolgreich; das mochte die Katze nicht und ist fortan ferngeblieben. Das wäre einen Versuch wert.