Eine Spritze fürs Kaninchen
Von Hedwig Derka
Kaninchen kommen nackt, blind und taub zur Welt. Knapp drei Wochen brauchen die Nesthocker, bis sie die Augen öffnen und im weichen Fellkleid loshoppeln, um die Umgebung zu beschnuppern. Mit etwa sieben Wochen ist von Milchbaby keine Spur mehr. Die Dauerfresser futtern wie Erwachsene und haben ihren Platz in der Gruppe gefunden. Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, für ihre Gesundheit Vorsorge zu treffen.
„Beim Kaninchen treten zwei schwere Krankheiten auf, die sich sehr einfach durch Impfung vermeiden lassen“, sagt Katharina Reitl aus der Tierärztlichen Ordination Tiergarten Schönbrunn. Die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team beschreibt die Symptome von RHD und Myxomatose und erklärt, warum sie den Schutz für Kaninchen in Freilandhaltung und daheim im Käfig empfiehlt.
„Kaninchen sind die einzigen Kleinsäuger, für die es zugelassene Impfstoffe gibt. Die wurden ursprünglich für Züchter mit großem Stall entwickelt“, sagt der Zoodoc. In Österreich stehen die Seren auch offiziell für Heimtiere zur Verfügung. „Der Nutzen der Impfung übersteigt bei weitem das Risiko eines Impfschadens“, betont Reitl.
RHD: Für die Rabbit Haemorrhagic Disease ist ein aggressives Virus verantwortlich. Es stammt aus Asien, die Krankheit wird daher auch Chinaseuche genannt. „Der Erreger stört die Blutgerinnung, die Tiere verbluten innerlich, ohne vorher Symptome einer Krankheit gezeigt zu haben“, schildert die Tierärztin. Das Calicivirus verbreitet sich von Kaninchen zu Kaninchen über Speichel, Urin, Kot. Es wird von blutsaugenden Insekten übertragen. Ebenso ist eine Ansteckung über durch Wildkaninchen verseuchtes Futter von der Wiese bzw. Schuhe, Kleidung und Arbeitsgeräte möglich. Der Ausgang von RHD ist tötlich.
Myxomatose: Die so genannte Kaninchenpest kommt ursprünglich aus Südamerika und ist hoch infektiös. Wässriger bis eitriger Nasenausfluss, eine dicke Unterhaut, die auch für einen „Löwenkopf“ sorgt, sowie geschwollene Weichteile weisen auf die virale Erkrankung hin. Auch Knoten in der Haut und Appetitlosigkeit können zu den Symptomen zählen. „Die Tiere schauen erbärmlich aus“, fasst Reitl zusammen. Hauptsächlich sind Gelsen, Flöhe, Zecken, Milben und Läuse Überträger. Das Pockenvirus kann aber auch durch Grünfutter eingeschleppt werden. Selten gelingt die Heilung des Patienten. Die Behandlung beschränkt sich auf die Bekämpfung der Symptome, das gestärkte Immunsystem muss das Virus bewältigen.
Impfschutz
„Seit einiger Zeit gibt es einen Kombinationsimpfstoff, der Kaninchen sowohl vor RHD als auch vor Myxomatose schützt“, weiß Reitl aus der Praxis. Die Grundimmunisierung der Jungtiere muss alljährlich einmal aufgefrischt werden. Jede Spritze kostet zwischen 20 € und 40 €. Wichtig ist, dass nur gesunde Vierbeiner den Nadelstich in den Schulter-Rücken-Bereich bekommen. Während die Schutzimpfung vor Chinaseuche keine Nebenwirkungen hat, kann das Vorbeugen vor Kaninchenpest einen bleibenden Schönheitsfehler verursachen. In seltenen Fällen entsteht an der Einstichstelle ein Knoten unter der Haut. Resümee der KURIER-Tiercoach-Kleintierexpertin: „Die risikoarmen bis risikolosen Impfungen stehen in keinem Verhältnis zu einem todkranken Kaninchen.“