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Musikalisch-theatrale Reise zu Nabeln der Welt

Manchmal ist die Wirklichkeit mindestens so fantasievoll wie ausgedachte Geschichten. Das gilt vor allem für Erscheinungen in der Natur. Wobei fantasievoll ja nicht unbedingt wunderbar, sondern auch ziemlich grausam sein kann. „Das Paradies ist eine Insel. Die Hölle auch.“, schreibt Judith Schalansky gleich zu Beginn ihres vor rund zehn Jahren erstmals erschienen Buches „Atlas der abgelegenen Inseln“.

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Zehn der von ihr beschriebenen 50 Inseln „auf denen ich nie war und niemals sein werde“ und dazu eine weitere künstlich angelegte hat sich die Gruppe makemake hergenommen und daraus mit einigen Kooperationspartnern und Bühnen ein rund einstündiges Musiktheaterstück gemacht. Im Rahmen von Wien Modern ist dieses abwechslungsreiche Schauspiel mit facettenreicher Musik – Textfassung und Regie: Sara Ostertag - derzeit im Dschungel Wien zu sehen und nicht zuletzt hören.

Wo ist der "Nabel der Welt"

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Die beiden Schauspielerinnen - Michèle Rohrbach, Laura Eva Meuris - und die zwei Musiker - Samuel Eder, Zuko Samela - holen das Publikum mit großem Aufblas-Globus, einer Geige und einer Klarinette sowie einer Fahne mit Linien, die an Landkarten erinnern, schon im Foyer ab, um gemeinsam die Bühnenwelt zu entdecken. Michèle Rohrbach zitiert so manches aus der poetisch-philosophischen Einleitung der Autorin des genannten Buches, das auch dem Stück den Titel gab. Die Ich-Erzählerin reist anhand von Landkarten und Globen in ferne (Ei-)Lande. Hinterfragt scheinbar allgemein akzeptierte Standards, dass so manche realen Größenverhältnisse in der Kartographie verzerrt werden. Und auch den Blickwinkel von dem aus die Welt meist betrachtet wird: „Es ist ohnehin nur eine Frage des Standpunktes, ob ein Eiland die wie Osterinsel abgelegen ist. Die Einwohner, die Rapa Nui, nennen ihre Heimat jedenfalls Te Pito Te Henua, den „Nabel der Welt“. Auf der endlosen, kugelförmigen Erde kann jeder Punkt zum Zentrum werden.“
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Der zuletzt aus dem Buch zitierte Gedanke durchzieht wie ein unsichtbarer roter Faden die Performance der Spielerinnen und Musiker. Zu den besuchten Eilanden zählen u.a. die Himmelfahrtsinsel vor der die ins All geschossene US-Rakete Atlas wieder in die Erdatmosphäre zurückkehrt, die Howlandinsel neben der ein Schiff auf die Flugpionierin Amelia Earhart wartet oder die Weihnachtsinsel auf der Gelbe Spinnenameisen Krieg gegen rote Krabben führen. Diesen und sieben weiteren aus dem Buch fügte die Gruppe die künstliche in Dubai angelegte Insel in Palmenform - Palm Jumeirah – hinzu – mit Beachfeeling in güldenem Badeanzug und klassischer Strandmusik.

"Ich und die Krabben!"

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Jede Insel ist in den jeweiligen Minuten eben tatsächlich der „Nabel der Welt“, wenngleich die Reisende eher als Entdeckerin aus eurozentristischer Sicht kommt – Flagge als Signal „das gehört mir/uns!“ in den Boden rammen. Oder auf der Macquarieninsel einem Pinguin das Ei, das er/sie ausbrütet, wegnehmen... Oder durch Anweisungen an die Fotografin: „Ich und die Krabben....!“

Variantenreiche Bewegungen und Musik

Auf jeder Insel bewegen sich die Schauspieler_innen anders – entsprechend den jeweiligen Erzählungen. Besonders spannend die Fortbewegung der roten Krabben! Umwerfend. Die herrschenden Lebensbedingungen sowie die Stimmungen der Reisenden werden von den beiden Musikern als Musik – Komposition: Hannes Dufek - sowie als Geräuschkulisse erzeugt – nicht nur mit den eingangs erwähnten Instrumenten, sondern allen möglichen Utensilien, nicht zuletzt durch Schläuche, die schnell über den Köpfen gedreht werden und sich anhören, als heule der Wind.

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Nicht unerwähnt bleiben dürfen in diesem Stück Ausstattung und Kostüme – ein echtes Kuhfell stellt in einem Fall das Land auf einer Insel dar und wird auf einer anderen zum wärmenden Schutz vor der Eiseskälte. Ein echtes Südtiroler Schnappviech tauch als ungeheuerliches Schaf am andere Ende der Welt auf und als alle vier Bühnenkünstler_innen sozusagen „nackt“ in weißen Bodys auftreten, tragen diese wiederum Linien à la Landkarten.

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Atlas der abgelegenen Inseln
nach dem Buch von Judith Schalansky
Musiktheater, eine Stunde
makemake produktionen
Koproduktion mit dem Vorarlberger Landestheater Bregenz, Wien Modern & Dschungel Wien in Kooperation mit dem Vorarlberger Landeskonservatorium

Regie: Sara Ostertag
Komposition: Hannes Dufek

Spiel/Performance: Michèle Rohrbach, Laura Eva Meuris
Musiker: Samuel Eder, Zuko Samela

Ausstattung, Licht: Christian Schlechter
Kostüm: Brigitte Moscon
Dramaturgie: Nina Fritsch

Produktion: Daniela-Katrin Strobl
Regieassistenz: Simone Loser
Ausstattungsassistenz: Lena Lom

Nach dem gleichnamigen Buch von Judith Schalansky © 2009 by mareverlag, Hamburg

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Wann & wo?
Bis 11. November 2017
Dschungel Wien, MuseumsQuartier
Telefon: (01) 522 07 20-20
www.dschungelwien.at

www.makemake.at