Kiku

Mit den Händen "sehen"

Pita Bulande und Maria Muchavo tasten mit den Händen vorsichtig von der Tischplatte nach unten. Der ganze Tisch ist aus Holz, selbst die Nägel, haben sie eben im Volkskundemuseum in der Wiener Laudongasse erfahren. Und hier ziemlich weit unten spüren sie den großen, fast blumenartigen Kopf eines der großen Holznägel.

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Dieses laufende Duo aus Mosambik, das zum Vienna Night Run von „Licht für die Welt“ nach Wien gekommen ist, will auch so manches von Wien „sehen“, pardon be-greifen oft im wahrsten Sinn des Wortes. Pita Bulande, komplett blind, und Maria Muchavo sieht ganz wenig, „nur wenn ich ganz nah an die Dinge rangehe, oft aber mach ich mit dem Handy Fotos, die kann ich dann im Computer vergrößern“.

Ungewöhnlicher Ofen

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Der Kinder-KURIER begleitet das Duo samt seinem Coach,Jonas Alfredo,bei der rund einstündigen Museumstour. Nach der (fast) voll hölzernen Tiroler Stube mit ihrem großen Kachelofen geht’s vorbei an vielen Kästen und Truhen zu einem weltweiten Unikum. Recht voluminös sieht die Dame mit dem Obstkorb auf dem Kopf aus. Mit Händen erfühlen die Sportlerin und der Sportler, beide Paralympics-Teilnehmer_innen von London (die allerersten überhaupt aus Mosambik) die ein bisschen mehr als lebensgroße Figur. Das Material kommt ihnen bekannt vor. In der Stube hatten sie es schon unter ihren Fingern: Keramik. Die gute Frau ist ein Ofen, weiß die Kulturvermittlerin, Claudia Peschel-Wacha. Es ist das einzige bekannte Meisterstück dieser Art, freut sie sich für das private Museum in dem rund 300 Jahre alten Schloss, das der Stadt Wien gehört. Nachdem die beiden auch ertastet haben, dass die Figur unter dem Obstkorb ein Kopftuch (natürlich auch aus Keramik) trägt, kriegt Maria eins aus Stoff in die Hand und versucht, es sich so zu binden wie die Figur, was Pita, als er dies an seiner Kollegin erspürt, ein herzhaftes Schmunzeln entlockt. Eine weitere alte Kopfbedeckung wird ausprobiert, eine „Goldhaube“.

Schlitten

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Beim nächsten Objekt, einem Gustostückerl der Ausstellung im Erdgeschoß, werden vor dem Be-greifen weiße Handschuhe übergestreift. Das Monstrum ist ein hochherrschaftlicher Schlitten mit geschnitzten Figuren. Von einer solchen hölzernen eher allegorischen Holzfigur liegt ein Kunststoff-Abguss neben den Kufen. Den können die Gäste natürlich wieder ohne Handschuhe berühren, sind aber ein wenig verwirrt. Zu einen ertasten sie ein menschliches Gesicht, „aber da ist noch etwas“, schleicht sich eine mehr als fragende Feststellung ein. Der Trainer probiert mit einer Hand das Gesehene auf Pitas Kopf nachzustellen und ihn mit Fingern leicht in die Nase zu zwicken. Auf der Figur ist's eine Art Vogelkopf, die aus den Haaren des menschlichen Kopfs zu wachsen scheint. Die Figur soll den Spruch von „sich selber an der Nase packen“ darstellen, folgt die Erklärung der Kulturvermittlerin, die sich den Läufer_innen insofern auch verbunden fühlt, weil sie selbst im Museum ein Team für den alljährlichen Frauenlauf auf die Beine stellt.

www.viennanightrun.at/de/home

www.volkskundemuseum.at/

Seit fünf Jahren läuft die heute 21-jährige Maria Muchavo aus der Hauptstadt Maputo. 200 bzw. 400 Meter sind ihre Distanzen, die sie in Wettkämpfen in der Regel ohne sehenden Vorläufer rennt. Auf die KiKu-Frage, was sie zum Laufen animiert habe, meint sie: „Als ich Maria Mutola im Fernsehen gesehen habe (800-Meter-Weltklasseläuferin), hab ich mir gedacht, das will ich auch.“

Zuerst „hab ich dann in der Schule an Wettkämpfen teilgenommen und bin im Garten bei uns zu Hause gelaufen“.

Rund eineinhalb Stunden täglich trainiere sie derzeit. Ihre Sehschwäche hat sie von Geburt an, das gab auch anfangs in der Schule ein Problem, wo sie nicht gefördert wurde und daher sogar einige Zeit nicht mehr die Schule besuchte. „Aber danach haben mich Lehrerin und Mitschülerinnen und -schüler schon unterstützt.“

Nach ihrer sportlichen Laufbahn „möchte ich eine Ausbildung zur Physiotherapeutin machen, das ist nicht so weit weg vom Sport und ich greife gern Muskeln an und mag es, andere zu massieren und ihnen helfen zu können“.

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