Kinderbuchautor als Schul-„Hebamme“ in Ghana
Von Heinz Wagner
Im wahrsten Sinn des Wortes über Stock und Stein einer der Nebenstraßen im Vorort Abuakwa von Kumasi, der zweitgrößten Stadt in Ghana, führt die roterdige Straße vorbei zwischen Verkaufshütten aus umgebauten Transportcontainern, hölzernen Wohnhütten, später nicht gerade kleinen gemauerten Häusern, sowie einem Bach mit quakenden Fröschen hinauf auf einen Hügel mit Hinweistafeln auf zwei Schulen. Die fast zwei Jahrzehnte hier stehende St. Lisbert International School war die erste und sie geht auf eine Mit-Initiative von Patrick Kwasi Addai zurück. Dieser lebt in Leonding (in der Nähe von Linz, Oberösterreich) und ist Autor von rund einem Dutzend Bilderbüchern – mit afrikanischen Geschichten und bekannt für seine grandiosen Auftritte vor Kindern. In seinen „Lesungen“ lässt er die Geschichten, vor allem die handelnden Tiere lebendig werden, vor den geistigen Augen seiner Zuhörer_innen erhebt sich der Adler in die Lüfte usw.
Aus den Bilderbuch-Einnahmen
Der Kinder-KURIER begleitete Addai im Herbst 2017 zu einem Besuch dieser Schule – mit zwei Erweiterungsbaustellen neben und vor dem Schulgelände – dazu weiter unten. Ende der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts als Addai in Linz Soziologie studierte, hatte er bei einem Aufenthalt in seiner ersten Heimat die Idee, in der Nähe seines Hauses, einer Gegend in der es keine Schule gab, eine solche zu gründen – gemeinsam mit Agyei Kwami. Der nahm, weil er vor Ort lebt, die Sache in die Hand, im September 2000 nahm die Schule ihren Betrieb auf. Addai schickte Geld aus den Einnahmen seines ersten Buches „Die Großmutter übernimmt das Fernsehen“.
In Ofoase, jenem Dorf, in dem viele seiner Verwandten leben, setz(t)en sich - bis vor ein paar Jahren bevor SmartPhones auch hier Einzug hielten – die Menschen abends zusammen und redeten miteinander. Vor allem Großmütter erzählten Geschichten – nicht selten mit darin verpackten erzieherischen Ratschlägen oder philosophischen Lebensweisheiten.
Lehrer_innen-"Casting"
Zurück zur Grundschule mit ihren 940 Schülerinnen und Schülern. In dem schmalen, langgezogenen Betongebäude liegen 22 Klassenzimmer mit offenen Fensteröffnungen, also dicht besetzt mit im Schnitt mehr als 40 Kindern bzw. Jugendlichen. Beim Besuch des KiKu ist gerade eine Art „ Casting“ für künftige Lehrer_innen auf dem Programm. Die jungen frisch fertig absolvierten Lehramtsstudierenden halten in den verschiedensten Klassen kurze Unterrichtseinheiten – in jeweils acht Minuten sollen sie zeigen, wie sie ihren Stoff den doch dicht besetzten Klassen nahe zu bringen imstande sind.
Sport- und Freiflächen
Als Ausgleich für das dicht gedrängte Sitzen in den Klassen stehen den Kindern und Jugendlichen vom Kindergarten bis zur achten Schulstufe (2 bis 15 Jahre) vor und hinter dem langgestreckten zweistöckigen Bau innerhalb der Begrenzungsmauern großzügige Sport- und Austobflächen im Freien zur Verfügung – auf der einen Seite ein Rasen-Fußballplatz, auf der anderen Seite ein sandiger Spielplatz.Auch wenn gleich beim Schuleingang und am Gebäude selbst mehrfach an den Mauern gepinselt bzw. gesprayt steht „Speak Englisch“ wird, so Schul-Administrator Charles zum KiKu, „schon auch Twi unterrichtet, die Schüler sollen die hier, aber darüber hinaus in vielen Teilen des Landes verbreitete lokale Sprache auch beherrschen“.
Elvina und Thomas
Elvina und Thomas besuchen die Abschlussklasse hier. Mathe ist Elvinas Lieblingsfach, verrät sie dem Kinder-KURIER, das will sie auch studieren und vielleicht als Bankmanagerin arbeiten. Am liebsten verbringt sie Schulstunden im Computerlabor. Ihr Kollege „mag am liebsten Wissenschaften und da wiederum Experimente. In diesem Feld sieht er auch seine Berufsperspektive.Was sie beide am Schulsystem ändern würden, wären sie für einen Tag verantwortlich für das Bildungsministerium, will der KiKu wissen.„Mehr technologisches Know-how sollte vermittelt werden. Und das Verhältnis zwischen Schüler_innen und Lehrer_innen könnte sich noch verbessern“, hat Elvina als Prioritäten auf ihrer bildungspolitischen Agenda. Thomas würde „vor allem die Computerausstattung in den Schulen erneuern – und es braucht auch mehr Computer“.Paulina ist seit zwölf Jahren Französisch-Lehrerin, „ich liebe es. Je länger ich unterrichte, desto mehr Ideen hab ich für die Stunden und umso lieber bin ich Lehrerin“.
Baustellen
Zu den oben schon erwähnten zwei Baustellen: Fundamente mit aufragenden Eckpfeilern auf der einen, einige Mauern, die die künftige Raumaufteilung anzeigen, auf der anderen. Erstere wird eine weiterführende Schule. Die zweite soll wie Architekt Asamoah Kuaminsa zwischen den schon errichteten Mauern zeigt, ein Wohnheim werden – elf Vierbett-Zimmer und 44 Dreibettzimmer samt Küchen und Aufenthaltsräumen für Jugendliche der auch noch zu errichtenden Sekundarschule könnten dann internatsmäßig hier wohnen. Vor allem fürs Internat sammelt der in Österreich lebende Autor mit ghanaischen Wurzeln weiter Geld -Infos über Spendenmöglichkeit weiter unten.
Jubel über Gratis-Schule
Übrigens Sekundarschulen: Seit September sind die öffentlichen weiterführenden Schulen kostenlos. Knapp ein halbes Jahr nach ihrem Antritt im Jänner des Vorjahres hat die neue Regierung der nationalistischen Reformbewegung New Patriotic Party unter Nana Akufo-Addo das Schulgeld abgeschafft. „Free education!“ jubelten einige Frauen zwischen Marktständen auf dem Jerry Rawlings-Park in Accra spontan. Sie zogen singend und tanzend durch den kleinen Markt, weil sie sich freuten, dass nun mehr Jugendliche aus weniger finanzkräftigen Familien in den Genuss weiterführender Bildung kommen können.
Wer für das Internat bei der Schule in Kumasi, das Patrick Addai initiierte, spenden will, hier die Konto-Daten:
Kenntwort: Ghana school Project RaiffeisenbankIBAN: AT 063 427 600 000 547 703BIC: RZ OO AT 2L276