Ich hab's soooooooo satt
Von Heinz Wagner
Im Bühnenvordergrund ein weißer, durchscheinender Vorhang, links davor eine Geigerin, die ein trauriges Pizzicato auf den Saiten zupft. Aus dem Bühnenhintergrund heftig schimpfende Mädchen: „Jetzt weint die auch noch die blöde Kuh, schau dich nur an du fette Sau…“ Schatten der grausamen Flucherinnen kommen näher an den Vorhang, werden größer. Unheimlich.
Viele Ideen
„Ich hab’s satt“ ist eines der mehr als zwei Dutzend Stücke, die Theaterprofis gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern erarbeitet haben. Acht agieren hier auf und vor der Bühne des kleinen Theaters Olé in Wien-Landstraße. Geschrieben haben weit mehr. Aus all den niedergeschriebenen und improvisierten Gedanken der Jugendlichen (nicht nur) rund um Essen, Magersucht usw. wurde von einem Profiduo ein Stücktext verfasst und gemeinsam mit den acht Jugendlichen ein rund einstündiges, sehr heftiges, sehr berührendes Stück erarbeitet.
Schatten
Immer wieder disst die Girls-Crew eine manchmal als Schattenfigur auftauchende Mitschülerin. Aber auch in einer Begegnung von „Lisa“ und „Anna“, die früher sogar Freundinnen gewesen sein könnten und einander lange nicht gesehen haben, spielt Gewicht und damit das körperliche Aussehen die zentrale Rolle, wie’s Lisa sonst so geht, was sie macht? Das interessiert Anna im direkten Aufeinandertreffen nicht.
Vordergründig, denn in einer späteren Szene überdenkt Anna sehr wohl ihr Verhalten. Dennoch ist das Stück frei von Happy End oder gar (pädagogischem) Zeigefinger. Das Ende ist sogar eher heftig, fast brutal – oder offen – „das hängt davon ab, wie’s das Publikum jeweils sieht“, wie Alice Prosser im Gespräch nach einer der Aufführungen mit dem Kinder-KURIER auf den Punkt bringt.
Großer Druck
Satt haben die jungen Schauspielerinnen nicht nur den großen Druck, der Jugendlichen in Bezug aufs Aussehen und ihr Äußeres gemacht wird. Der Bogen der Dinge, die sie mehr als nerven und den sie in einer frühen Phase stakkatoartig ins Publikum schleudern, reicht von „ständig kontrolliert zu werden“ über „in ein bestimmtes Muster passen zu müssen“, „nie ich selber sein zu dürfen“, „manipuliert zu werden“ bis zum situationsironischen „hier herumschreien zu müssen“.
Vieles bewusster geworden
Gerade dieses schreien und schimpfen auf der Bühne war auch für die Akteurinnen verschieden – die einen taten sich schwer damit, andere hatten eine größere innere Distanz zu dieser ihrer Rolle. Allen gemeinsam ist jedoch, wie sie im KiKu-Gespräch meinten, dass ihnen vieles, was sie vielleicht vorher irgendwie nervte, bewusster ist und sie sich auch eher trauen, es anzusprechen.
Ich hab’s satt
theater ISKRA
Es spiel(t)en: Paula Cichocki, Laura Litschauer, Lara Kundtner, Alice Prosser, Franzis Schrammel, Ioana Spataru (Geige) und Johanna Wratschko
Stück-Autor: Hubertus Zorell
Regie: Nika Sommeregger