Abenteuerliche Weltreise
Von Heinz Wagner
Sieben Minuten vor dem Ende beginnt das Stück. Die große Anzeige am oberen Ende der Bühne steht auf 21. Dezember, 16 Uhr 53. Um 17 Uhr läuft die Frist für die Wette ab. Dann muss, so er gewinnen will, Phileas Fogg zurück sein - im Londoner ehrwürdigen Herrencafé des Reform Clubs. Auf die Minute genau wäre er dann „In 80 Tagen um die Welt“ gekommen. Schafft er's, oder gewinnen seinen drei Wettgegner - Stuart, Earl of Grey und Freek? Insbesondere Letzterer will schon auf den Sieg anstoßen, zeigt die Uhr doch schon 16:59. „Doch halt!“, stürzen zwei, die später noch wichtige Rollen spielen werden, ins Geschehen. Die Zeit wird auf 2. Oktober 1872 zurückgedreht, wo die Wette ihren Ausgang nahm. Viel mehr noch eine Stunde vorher als die Bank von England ausgeraubt wurde...
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Reinhard Werner/Burgtheater
Szenenfotos aus "In 80 Tagen um die Welt" im Wiener Burgtheater (09)
Ballon, Schiff, Zug
Genau, diesen Klassiker von Jules Verne wählte das Burgtheater, um damit das diesjährige Familienstück zu bestreiten. Weihnachten naht. Die Standln auf dem Christkindlmarkt und die bunten Lichter auf dem Wiener Rathausplatz sind seit ein paar Tagen in Betrieb. Und so startet auch das große Bühnenhaus auf der gegenüberliegenden Seite der Ringstraße seine Inszenierung ab 7 Jahren. Wieder ein Klassiker – mit Einsatz der ganzen Maschinerie des großen Theaters eine über die Bühne dampfenden Holzschinakel, einem großen und in der Ferne miniaturisierten fahrenden Ballon, einem schaukelnden Schiffsdeck…. Mit einigen witzigen Anklängen ans heute – etwa dem Gag der englischen Telefonzelle, die deutlich größer sei als Telefone in der Jatztzeit, in der das Stück aufgeführt werde. Vor allem aber mit einem Ensemble toller Schauspieler_innen und – im Hintergrund, nur ganz selten auch sichtbar, versteckt in einem dunklen Kreis, der ein wenig an den Schalltrichter eines Alphorns erinnert - super Live-Musikern. Bei den Massenszenen treten 12 Mitlieder des Theatersjahrs der „Jungen Burg“ in Erscheinung. Bei anderen zehn Tänzer_innen aus verschiedensten Ecken und Enden der Welt – ideal passend zur Story dieser abenteuerlichen genau vor 140 Jahren angesiedelten Weltreise – zwei Jahre nach einer echten Weltreise des Amerikaners G. F. Train. Zur Weltreise mit Hindernissen – u.a. einem im indischen Dschungel endenden Zug, einem Gefecht amerikanischer Ureinwohner (Indianern) mit weißen Eroberern in das die Weltreisenden geraten – gesellt sich die Verstrickung in einen Kriminalfall. Fogg wird – insbesondere von einem seiner Wettgegner, Mr P.H. Freek eines spektakulären Bankraubs beschuldigt und von einem von letzterem beauftragten Detektiv verfolgt.
"Nebenrollen"
Zwar ohne an die spektakulär-geniale Mavie Hörbiger in der „Nebenrolle“ der Tinkerbell in der vorjährigen Peter-Pan-Inszenierung heranzureichen, sorgt dennoch ein „Nebendarsteller“ auch für witzige Einlagen und herzhafte Lacher: Daniel Jesch, insbesondere als Gondoliere, aber auch als Indianer-Häuptling, wenngleich er da anfangs in dieser Rolle fast eher wie eine Persiflage auf einen solchen wirkt.
Neben den Abenteuern und der praktisch manischen Pünktlichkeitssucht Foogs (Peter Knaack) spannt vor allem die vor einer Witwenverbrennung in Indien gerettete Aonda (Liliane Amuat) eine den Vorwärtsstrebestress irritierende Ebene auf – jene aufkeimender Gefühle und der Frage, ob übertriebenes Streben nach Pünktlichkeit nicht dazu führe, im Leben so manches zu versäumen!In die Herzen vieler Zuschauer_innen spielt sich Sven Dolinski als fransöösiiisch parlierender Diener des Weltreisenden Fogg. Sein von Verne zugedachter Name Passepartout sollte wohl im Sinne der Weltreise auch – wie es angesprochen wird – die Reise allüberall hin erlauben, ja die Grenzen – so seine Utopie – überhaupt abschaffen.
„Ob er wirklich Franzose sei“, war auch eine der Fragen, an die sich Schüler_innen der 1c des Gymnasiums in der Mödlinger Keimgasse als erstes erinnerten. „Wir haben das Stück schon seit Monaten begleitet“, erzählen sie nach der mit viel, viel, viel Applaus bedankten Premiere. Die Theaterpädagogin war in der Klasse. „Zuerst haben wir auf einer Weltkarte gezeigt, in welchen Ländern wir alle schon einmal waren oder wo manche herkommen.“ Und nun schwirren die von Gabi, Gregor, Eva, Lara, Maria, Lindar, Marie, Angelika, die noch länger bleiben und einigen anderen Mitschüler_innen, die gleich weg müssen genannte Länder nur so durch den Raum vor der Bühne: Kroatien, Deutschland, USA, Italien, Japan, Russland, Albanien, Spanien, Türkei, Slowakei, Slowenien, Serbien, Bosnien, Thailand, Argentinien, Montenegro, Dänemark und Schweden.„Dann haben wir uns auf der karte angeschaut, wo Jules Verne den Phileas Fogg überall hin reisen hat lassen.“„Außerdem waren wir in der Bühnenwerkstatt und bei Proben im Arsenal.“ „Dort konnten wir dann eben auch Schauspielerinnen und Schauspieler was fragen.“„Dann waren wir bei der Hauptprobe. Ja, und da haben uns auch die vom Theater um unsere Meinung gefragt.“„Und wir haben gefunden, dass an manchen Stellen das, was die Zeitungsjungen gesagt haben zu lang war. Sie haben es sogar jetzt gekürzt!“, freuen sich die Mödlinger Schüler_innen, dass sie auch wirklich gehört wurden!
In 80 Tagen um die WeltVon Jules VerneÜbersetzung und Fassung: Peter RaffaltFamilienstück am Burgtheater, ab 7 JahrenRegie: Annette RaffaltMr. Phileas Fogg Peter KnaackPassepartout Sven DolinskiAonda Liliane AmuatMr. Freek Marcus KiepeMr. Fix, Detektiv André MeyerMr. Stuart Daniel JeschMr. Mc Callan Michael MasulaEarl of Grey Hans Dieter KnebelZeitungsjungen Jana Horst und Sophie-Christine BehnkeFranzösisches Mädchen Jana HorstGondoliere Daniel JeschKäpt'n Coal Marcus KiepeSir Cromarty Hans Dieter KnebelFakir Michael MasulaElefantenbesitzer Jana HorstHäuptling der Indianer Daniel JeschKäpt'n Wood Michael MasulaMusiker: Lenny Dickson, Matthias Jakisić, Otmar Klein, Martin Mader, Raphael Preuschl, Andreas RadovanTheaterjahr: Johanna Armstorfer, Jasmin Beszedics, Sergej Czepurnyi, Aaron Friesz, Johannes Hoff, Anna Hofmann, Wolf Danny Homann, Amrei Keul, Larissa Kramarek, Noah Saavedra, Larissa Semke, Genet ZegayTänzer_innen: Valentin Gambino, Yutong Ji, Jonas Kägi, Mara Kluhs, Daniela Mühlbauer, Miriam Lechlech, Raluca Nicolae, Anderson Pinheiro da Silva, Stefan Putz, Carla WrochtaElefant, Kamel, Drache, Mitreisende: Andreas Felber, Tomislav Hauptfeld, Anasiudu KenechukwuBühne Bernhard KleberVideo Stephan Komitsch, Peer EngelbrachtKostüme Ele BleffertMasken Herbert Zehetner, Margit HadrawaMusik Parviz Mir-AliProlog Vittorio de VecchiSoundesign Alexander Nefzger, Florian PilzChoreographie Daniela Mühlbauer, Annette RaffaltLicht Friedrich RomDramaturgie Claudia Kaufmann-Freßner