Jugendliche produzierten im Rahmen einer "Junior"-Firma ein dreisprachiges Bilderbuch - das Flüchtlingskindern helfen soll, Deutsch zu lernen.
„Wieso hat Papa ein Spielzeug-Einhorn mit einer violetten Krone eingepackt?“, rätselt Ali, als er in der neuen Klasse seine knallgrüne Schultüte auspackt. Währenddessen kramt seine Sitznachbarn Julia aus ihrer Lokum und ein Stoff-Chamäleon hervor und fragt ihn, was denn das würfelförmige Ding sei. Ali erklärt ihr, dass es sich dabei um eine orientalische Süßigkeit handle. Julia, die Einhörner liebt, fragt ihren Sitznachbarn, ob er tauschen wolle. „Ja, das ist eine super Idee!“, meint der „denn er liebt Chamäleons.“ Das ist ansteckend. Die anderen Kinder der Klasse beginnen auch Süßigkeiten und Spielzeuge ihrer Schultüten zu tauschen. Wie schön so ein Anfangs-Irrtum sein kann, Ali und Julia hatten ihre gleichfärbigen Schultüten vertauscht ;)
Diese Bilderbuch-Geschichte haben sich Can Ekin Arslan, René Geldner, Alexander Grois, Sakar Hamad, Ali Khreis und Valentin Moder ausgedacht, auf Englisch und Arabisch übersetzt bzw. für die dritte Sprache übersetzen lassen. Das Bilderbuch wird demnächst fertig sein – in einer Auflage von 5000 Stück. Die sollen großteils an Flüchtlingskinder verteilt werden, deren Erst- bzw. Muttersprache Arabisch ist und ihnen mit der spannenden, illustrierten Geschichte auch das Deutsch-lernen erleichtern. „Der erste Schultag/The first day at school/Awalu yaum fi al Madrassa" - so heißt das 48-Seiten starke Buch. Es soll von Menschen oder Institutionen, die 8.20 Euro pro Buch erübrigen können/wollen, erworben werden, um es Flüchtlingskindern zur Verfügung zu stellen - natürlich auch das eine oder andere, um es selbst zu lesen ;)
Die sechs Burschen besuchen die 4. Klasse der HTL Ungargasse (Wien-Landstraße) im Zweig Wirtschaftsingenieurwesen/Betriebsinformatik. Und sie gründeten eine Junior-Firma und nannten sie "read together" (miteinander lesen). Diese Schüler_innen-Firmen für ein Schuljahr handeln – im Gegensatz zu den allermeisten Übungsfirmen in Handelsakademien – mit echten Produkten bzw. Dienstleistungen. Dabei sollen unternehmerische Erfahrungen gesammelt werden – Businessplan, Finanzen, Marketing, natürlich nicht zuletzt die Produktion organisieren und für den Verkauf zu sorgen. Die Schüler wollten allerdings gleich von Anfang an im Herbst, wie einige von ihnen dem Kinder-KURIER erklärten, „angesichts der Flüchtlingsbewegung irgendwas in diese Richtung machen“. Bald war die Idee eines Bilderbuches in den genannten drei Sprachen da – Englisch sozusagen als Brückensprache – konnten sie ja auch selber übernehmen. Fürs Arabische fragten sie bei einem Verwandten eines der beteiligten Schüler an.
In einem Workshop mit der Deutsch-Lehrerin wurde am Plott gefeilt und den Formulierungen – Zielgruppe Volksschulkinder. Da alle sechs ihre eigenen Zeichenkünste nicht so besonders einschätzten, vergaben sie den Auftrag für die Illustrationen extern – an Sabina Berger und Lukas Schnabel. Probleme beim Layout ergaben sich mit der arabischen Schrift, die – da sie ja von rechts nach links verläuft – nicht einfach mit copy & paste eingefügt werden konnte, sondern lediglich als Bilddateien. Am Ende des Buches gibt es übrigens sieben Seiten Wörterbüchlein – in den drei Sprachen samt Zeichnungen – vom Bleistiftspitzer bis zu den wichtigsten Farben.