Leben/Gesellschaft

Wie der Sand an den Strand kommt

Kennen Sie das auch: Wenn sich unter südlicher Sonne plötzlich jede Zelle wohlig rekelt und die Gedanken zwischen Gelati, Bruschetta und sonst gar nichts pendeln? Der Körper weiß, dass Sommer ist, denn unsere Gene sind Saisonarbeiter. Ein Viertel von ihnen reagiert auf Jahreszeiten und beeinflusst unser Immunsystem. Das haben Forscher – pünktlich zu Beginn der Urlaubssaison – herausgefunden.

Das Team um den Genetiker John Todd von der University of Cambridge hat entdeckt, dass 5136 von 22.822 Genen entweder im Sommer oder im Winter aktiver sind. Diese jahreszeitliche Abhängigkeit wirkt sich auf die Zellen aus, die für die Immunabwehr zuständig sind, sowie auf die Blut- und Fettgewebe-Zusammensetzung. Also: Wenn Sie heute besser beisammen sind als im trüben Mai – das hat wenig mit Ihren Gefühlen und viel mit Ihren Genen zu tun.

Strandkorb-Chemie

Wie sich überhaupt die Ferienzeit trefflich dafür eignet, um nach Wasser-Geheimnissen zu tauchen, nach Strand-Erkenntnisse zu graben oder Atmosphären-Entdeckungen zu atmen. Andrea Gentile hat genau das getan. Gut, er hat aber auch den Vorteil, an der toskanischen Küste mit all-sommerlichen Sandburgen-Wettbewerben großgeworden zu sein. "Ich hatte großes Glück mit meinen Eltern, die sich schon immer mit wissenschaftlichen Themen befasst haben. Mit ihren Antworten eröffneten sie mir eine Welt, die aus Gesetzmäßigkeiten bestand, aus Ursache und Wirkung, aus Physik, Medizin, Chemie und Biologie", sagt Gentile, der heute Wissenschaftsjournalist in Italien ist.

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Und dieses Wissen teilt er mit allen, die es interessiert: "Wissenschaftliche Geheimnisse verbergen sich hinter jedem Aspekt des Lebens, aber gerade im Urlaub, wenn man so viel freie Zeit und Langeweile hat, ist man besonders neugierig". Der Neugier, die am Strand entsteht, hat er ein Buch gewidmet: "Wie kommt der Sand an den Strand? Wissenschaft unter dem Sonnenschirm" ist pünktlich vor der Fahrt ans Meer auch in den österreichischen Buchhandlungen erhältlich.

Wer hat den Sand an den Strand geliefert?

Genau genommen ist der Strand eine Müllhalde – eine natürliche Deponie für die Abfallprodukte der Erosion von Erdmaterial. Dieser Prozess dauert viele Jahrtausende: Gesteine verwittern über Jahrmillionen zu Schutt, Sand und Staub. Über Niederschlag, Bäche und Flüsse gelangen diese Überreste schließlich ins Meer. Die Staub- und Ton-Teilchen mit Größen unter 0,063 Millimetern bleiben im Meer lange in der Schwebe und verschwinden meist in der Tiefsee. Jene Überreste, die einen Durchmesser zwischen zwei und 0,063 Millimetern haben, werden als Sand bezeichnet und an der Küste von den Wellen als Strand abgelagert. Wenn man den gewöhnlichen Sandstrand genau betrachtet, erkennt man, dass die einzelnen Körnchen abgerundet und milchig oder farblos sind. Sie bestehen alle aus einem Mineral, dem Quarz. Dabei handelt es sich um Siliziumdioxid. Das ist das häufigste Mineral an der Erdoberfläche und härter als Stahl. Daher überstehen meist nur die Quarz-Sandkörnchen den langen Transport vom Berg zum Meer. Auf ihrer Reise reiben sich die Körnchen immer wieder aneinander und werden auf diese Weise rundlich und glatt. Selbst am Strand werden sie in der Brandung noch weiter abgerieben, zerkleinert und gerundet. Im Quarz eingeschlossene Mineralien sorgen für Farbe am Strand: Oxidiertes Eisen färbt den Sand rot, Feldspat tönt die Körner grün.

Es gibt aber auch dunkle Sandstrände. Das hat zwei Gründe: Der Strand besteht entweder aus dunklen vulkanischen Sandkörnchen wie auf Hawaii oder er besteht aus dunklen Schwermineralien. Diese besitzen ein höheres Gewicht und werden durch die sortierende Wirkung des Wassers an bestimmten Stellen konzentriert. So gesehen liefern die Berge den Sand an den Strand. Oder die Flüsse. Oder die Zeit.

Wo genau beginnt der Strand?

Auf dem offenen Meer, genau dort, wo der Meeresboden beginnt, Einfluss auf die Wellen auszuüben. Das kann – ja nach Dimension der Wellen – variieren: Bei kleineren Wellen näher an der Küste, bei großen weiter draußen. Größere Wellen befördern den Sand aufs Meer hinaus und kleinere bringen ihn zurück. Wie viel Sand sich an einem Strand befindet, hängt davon ab, wie viele Stürme bereits darüber hinweg gefegt sind. Auch aus der Sediment-Konsistenz lässt sich einiges über den Strand sagen: Je gröber der Sand ist, desto schmäler und steiler ist er.

Wann fallen die Sterne vom Himmel?

Jedes Jahr im August, rund um den Namenstag des Heiligen Laurentius. Natürlich fallen die Sterne nicht wirklich vom Himmel, aber ist es jenes Datum, an dem man die besten Chancen hat, bei einem romantischen, nächtlichen Strandspaziergang die eine oder andere Sternschnuppe zu sehen. Schuld daran ist der jährlich wiederkehrende Meteorstrom aus dem Sternbild Perseus. Das Aktivitätsmaximum des Sternschnuppenschwarms wird heuer voraussichtlich in der Nacht des 12. August erreicht.

Wie funktioniert Sonnencreme?

Sonnenschutz-Cremes halten schädliche ultraviolette Strahlen ab, fungieren also als Filter. Dabei gibt es verschiedenen Strategien: Einige anorganische Moleküle können Strahlen zerstreuen und reflektieren. Vereinfacht gesagt, bestehen sie aus unzähligen, winzigen Spiegeln, werden physikalische Filter genannt und bleiben weitgehend auf der Hautoberfläche haften. Für empfindliche Haut sind physikalische Filter besser. Auf der Packung steht dann zum Beispiel „mit Titanoxid oder Zinkoxid“. Einige organische Moleküle sind dagegen in der Lage, ultraviolettes Licht aufzunehmen und in Wärme umzuwandeln. Diese Substanzen – chemische Filter genannt – können die Energie der Strahlen in Wärme umwandeln und so unschädlich machen. Wenn auf der Sonnencreme-Flasche von Wartezeit die Rede ist, steckt der chemische Filter drinnen. Bei Sonnencremes mit chemischen Filtern muss man vermehrt auf die Haltbarkeit achten.

Lesen Sie am Dienstag Teil2 auf kurier.at/leben: Was Fische trinken und wer Wellen auftürmt

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