Leben/Gesellschaft

Deutscher Soziologe Ulrich Beck gestorben

Der deutsche Soziologe Ulrich Beck ist im Alter von 70 Jahren gestorben. Dies bestätigte am Samstag der Suhrkamp-Verlag in Berlin. Nach einem Bericht von Süddeutsche.de starb Beck bereits am 1. Jänner an den Folgen eines Herzinfarkts. Beck war einer der meistzitierten Soziologen der vergangenen Jahrzehnte.

Berühmt wurde er mit dem Bestseller "Risikogesellschaft", der 1986 erschien und in mehr als 35 Sprachen übersetzt wurde. Darin beschäftigt Beck sich mit den selbst erzeugte Gefahren der modernen Gesellschaft, die sich den bestehenden Sicherheitsmechanismen des Staates entziehen. Das Werk wurde kurz vor der Katastrophe in Tschernobyl veröffentlicht und machte ihn international bekannt - nicht nur in wissenschaftlichen Kreisen, sondern auch in einem breiten Publikum. Demnach krankt die moderne Gesellschaft nicht an ihren Niederlagen, sondern an ihren Siegen: Der weltweite Terrorismus ist Konsequenz eines Sieges der Moderne. Die Klimakatastrophe droht, weil die Industrialisierung so erfolgreich war. Die Massenarbeitslosigkeit folgt aus den Produktivitätsgewinnen. Die Alterspyramide sprengt die Sozialsysteme, weil die Medizin die Menschen länger leben lässt.

Viel Zustimmung

In seinem Werk "Weltrisikogesellschaft" von 2007 beschrieb er die Gefahren als globale Risiken mit den vier Merkmalen Entgrenzung, Unkontrollierbarkeit, Nicht-Kompensierbarkeit und Nichtwissen. Becks Ausführungen zur sozialen Konstruktion globaler Risiken in der "zweiten Moderne" fanden viel Zustimmung: Weil das Risiko - als Vorwegnahme einer möglichen Katastrophe - nicht messbar ist, hängt sein gefühltes Ausmaß von der Definition ab. Es kann dramatisiert oder minimiert, verwandelt oder geleugnet werden. Und es muss sichtbar werden etwa als Wirbelsturm, der zum Vorboten der Erderwärmung erklärt wird.

Die globalen Weltrisiken, so argumentierte Beck, entziehen sich der Kontrollierbarkeit. Er kritisierte, dass die Politik mitunter den Schrecken inszeniere und die Terrorangst nutze, um ungehemmt Sicherheitsgesetze und Überwachungsinstrumente auf den Weg zu bringen.

Mit Humor, griffigen Bildern und Bodenhaftung publizierte Beck - gelegentlich gemeinsam mit seiner Frau und Kollegin Elisabeth Beck-Gernsheim - einen Bestseller nach dem anderen. In "Das ganz normale Chaos der Liebe" (1990) und "Fernliebe: Lebensformen im globalen Zeitalter" (2011) beschrieb das Paar das Zerbrechen traditioneller Werte und Bindungen sowie die Folgen der Individualisierung.

Zahlreiche Auszeichnungen

Beck wurde am 15. Mai 1944 geboren und wuchs in Hannover auf. Er studierte Soziologie, Psychologie, Philosophie und Politikwissenschaften. Nach seinem Studium promovierte er 1972 in München, sieben Jahre später wurde er im Fach Soziologie habilitiert.

Eine Reihe ausländischer Univiersitäten verlieh ihm die Ehrendoktorwürde, außerdem erhielt Beck zahlreiche Preise - zuletzt beim Weltkongress für Soziologie 2014 in Yokohama, wo Ulrich Beck mit dem Lifetime Achievement Award – For Most Distinguished Contribution to Futures Research der International Sociological Association ausgezeichnet wurde.

Sein Forschungsinteresse galt dem Grundlagenwandel moderner Gesellschaften und den daraus entstehenden Konsequenzen für Wirtschaft, Politik und Kultur. Zuletzt lehrte Ulrich Beck in München, London und Paris. In München leitete er ein von der EU finanziertes großes Forschungsprojekt zum Thema Klimawandel.

Als Professor für Soziologie lehrte er unter anderem an den Universitäten Münster, Bamberg und München und gilt als einer der bedeutendsten Soziologen der Gegenwart.