Leben/Gesellschaft

Das Überleben der Alpen-Schneehasen ist in Gefahr

Hasenbemmerl haben es in sich. Forscher der Vetmeduni Vienna haben 132 Kotkügelchen untersucht und Rückschlüsse auf die Stressbelastung von Schneehasen gezogen. „Die Auswertung zeigte eindeutig: Kotproben, die in stark frequentierten Tourismusgebieten gefunden wurden, wiesen höhere Stresswerte auf. Proben aus Regionen mit weniger Touristen zeigten niedrigere Werte“, erklärt Univ-Prof. Rupert Palme vom Institut für Medizinische Biochemie. Stress tut den Tieren freilich nicht gut.

Scheue Wildtiere

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Schneehasen bewohnen in den Alpen Regionen ab 1300 m Seehöhe. Für den Winter färben die braunen Tiere ihr Fell weiß. Mit etwa drei Kilogramm Durchschnittsgewicht und knapp 40 bis 60 Zentimetern Länge sind sie etwas kleiner als Feldhasen.
Lepus timidus – so der wissenschaftliche Name – zählt zu den selten gesichteten Wildtieren. Zum einen sind die Hasenartigen scheu. Zum anderen gilt die Population in den Alpen als gefährdet: Klimawandel und Tourismus setzen den Tieren zu. Die steigenden Temperaturen drängen die Hasen in immer höhere Lagen. Die Nähe zum Menschen stresst sie, dadurch verbrauchen sie mehr Energie. Im Winter kann das lebensbedrohlich sein.

Feldstudie

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Nun haben Forscher der Veterinärmedizinischen Universität Wien den Beweis erbracht, dass Schneehasen in tourismusreichen Regionen tatsächlich gestresster sind als Artgenossen in ruhigen Gebieten.
Der Schweizer Wildtierbiologe Maik Rehnus machte sich dafür auf die Suche nach Schneehasen-„Bölleli“ – so nennen die Schweizer die Kotkügelchen der Hasen. Der Schneehasenexperte sammelte im Schweizerischen Nationalpark im Kanton Graubünden und in benachbarten Skigebieten 132 Kotproben ein und legte dabei zu Fuß eine Marathonstrecke von rund 43 km zurück. Die Proben stammten aus Gebieten mit hoher Tourismusbelastung, mit mittlerer Belastung und Regionen ohne Tourismus. Aus den gesammelten Kotproben bestimmte der österreichische Biochemiker Palme Stoffwechselprodukte, die auf Stress der Tiere schließen lassen. Das Ergebnis war eindeutig.

Versuch

Trotzdem untermauerten die Forscher ihre Feldstudie mit einem kontrollierten Versuch mit sechs Schneehasen in Gefangenschaft: Ein Hund und ein Papierdrachen dienten als Simulation, um potenzielle Feinde nachzustellen. Nach den Stresssituationen und auch während Ruhephasen sammelten die Wissenschafter Kotproben ein und werteten diese aus. Auch hier war das Resultat klar: Die Tiere zeigten nach Stresssituationen erhöhte Stresswerte und veränderten auch ihr natürliches Verhalten.

Resume

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Gestresste Schneehasen ruhten weniger und verwendeten auch weniger Zeit für die Fellpflege. Darüber hinaus waren die Nervenbündel bei der Wiederaufnahme des eigenen Kots, der wichtige Nährstoffe und Vitamine liefert, gestört. Vor allem bei knappem Nahrungsangebot im Winter sind Hasenbemmerl aber eine wichtige Energiequelle.
„Wir gehen davon aus, dass sich das Verhalten und die Physiologie gestresster Schneehasen in freier Wildbahn ähnlich verhält. Stress führt zu erhöhtem Energieverbrauch bei den Hasen und könnte im Winter das Überleben bedrohen und die anschließende Fortpflanzung negativ beeinflussen“, sagt der Schweizer Biologe.

Lehre

Die klare Empfehlung der Wissenschafter lautet daher: "Größere Waldgebiete, in denen Schneehasen leben, müssen für den Wintertourismus gesperrt werden." Davon könnten auch andere gefährdete Tierarten in den Alpen profitieren.