Leben/Gesellschaft

Barbie: Vom Superstar zum Sorgenkind

Drei Jahre vor ihrem 60. Geburtstag kämpft die berühmteste Puppe der Welt mit Alterserscheinungen. Nein, Falten oder – Gott behüte – Cellulite hat Barbie immer noch nicht, und auch graue Haare sucht man auf dem hübschen Haupt der Parade-Blondine vergeblich. Die Verschleißerscheinungen sind anderer Art, wie der Spielwarenhersteller Mattel am Mittwoch mitteilte: Die Barbie, Flaggschiff des US-amerikanischen Konzerns und generationenübergreifender Dauergast in den Kinderzimmern dieser Welt, ist nämlich längst nicht mehr so gefragt, wie sie einmal war.

In Zahlen heißt das: Der Verlust im ersten Quartal stieg im Vergleich zum Vorjahr um 8,4 Prozent auf 73 Millionen Dollar, der Umsatz sank um sechs Prozent auf 869,4 Millionen Dollar. Die Barbie, immerhin meistverkaufte Puppe der Unternehmensgeschichte, konnte Mattel auch nicht herausreißen – ihre Verkäufe gingen um drei Prozent zurück. Das blonde "All American Girl", einst strahlender Superstar der Spielzeugindustrie, ist in der Krise – und das nicht erst seit jetzt.

Große Konkurrenz

Denn Mattel kämpft seit vielen Jahren: zuerst mit der Kritik am vermittelten, für Mädchen unerreichbaren Schönheitsideal; später mit steigenden Umsatzrückgängen. Anfang des Jahres versuchte man, beide Probleme auf einen (Marketing-)Streich zu lösen: Zur Ursprungsbarbie mit Wespentaille und Endlos-Beinen gesellten sich drei neue Figurtypen – ein kleiner, ein großer und ein "kurviger" (sprich, normalgewichtiger) – sowie verschiedene Hauttöne, Frisuren und Haarfarben. Doch auch die neue Diversität konnte den Umsatz nicht ankurbeln.

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"In den vergangenen beiden Jahren hat die Barbie gelitten", beobachtet auch Johannes Schüssler, Vorsitzender des Fachausschusses Spielwarenhandel der Österreichischen Wirtschaftskammer und Besitzer eines Spielwarengeschäfts im steirischen Frohnleiten. Er führt die Barbie-Krise auf die wachsende Konkurrenz am Markt zurück – allen voran die Figuren aus dem Disney-Megahit "Die Eiskönigin" ("Frozen") und der erfolgreichen TV-Serie "Violetta". "Mit der ständigen Fernseh-Präsenz von diesen Figuren kann die Barbie nicht mithalten", sagt Schüssler. Die TV-Werbung bediene genau die Zielgruppe.

Hohes Level

"Die Trends werden immer schnelllebiger – auch in der Spielzeugindustrie", stellt Schüssler fest. Aktuell versucht Mattel, mit einer Agentinnen-Kollektion – angelehnt an James Bond – junge Kundinnen zu begeistern. In Johannes Schüsslers Geschäft verkauft sich die "Spy-Barbie" derzeit besser als ihre Freundinnen.

Trotz der aktuellen Turbulenzen glaubt der Spielzeugexperte an eine buchstäblich rosige Zukunft. "Das Spielzeuggeschäft geht immer auf und ab. In drei Jahren kann alles schon wieder ganz anders ausschauen." Außerdem, gibt er zu bedenken, spielt die Barbie auf einem hohen Level – "da fällt ein Verlust gleich auf". Auch die in den vergangenen Jahren rückläufige Geburtenrate habe der Branche zugesetzt. "Die Barbie ist und bleibt ein Must-have im Kinderzimmer. Wir wissen ja gar nicht, wie viele Mädchen mit den alten Barbie-Puppen ihrer Mütter und Tanten spielen."

Wird die Barbie ihre Midlife-Crisis also überwinden? Ja, glaubt der Experte: "Ich bin überzeugt, die Barbie wird hundert Jahre alt werden." Faltenlos – und ohne auch nur ein graues Haar.