"Austro-Nobelpreis" an Genetiker Josef Penninger
Von Martin Burger
Als der Anruf der Jury kam, stand Josef Penninger auf dem Balkon und spielte auf seinem iPhone. Die Auskunft lautete: Der Genetiker und Biomediziner von Weltrang könne nun seiner eindrucksvollen Sammlung an Auszeichnungen den höchstdotierten Wissenschaftspreis des Landes, den Wittgenstein-Preis 2014, hinzufügen.
Bei der Preisverleihung durch Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) am Montag, erklärt ein ausnahmsweise nicht zerzauster Penninger, dass sein jüngster Friseurbesuch nichts mit dem Staatspreis zu tun habe. „Ich war überrascht. Ich wusste gar nicht , dass ich im Rennen bin.“
Ein Überraschungssieger ist der gebürtige Oberösterreicher allerdings nicht. Penninger ist einer der international herausragendsten Forscher Österreichs. Der wissenschaftliche Direktor des Instituts für Molekulare Biotechnologie (IMBA) sei „unglaublich produktiv“, lobt die Chefin des Forschungsförderungsfonds FWF, Pascale Ehrenfreund. Davon zeugen 52 publizierte Studien in den Top-Journalen Nature, Science und Cell. Zu den größten Leistungen des Forschers zählt die Entschlüsselung der Rolle des körpereigenen Proteins „Rankl“ bei Krankheiten wie Osteoporose oder Brustkrebs.
Penninger hat auch Beiträge zur Behandlung von akutem Lungenversagen geliefert, das bei Viruserkrankungen wie SARS oder Vogelgrippe auftritt. Ein von ihm mitgegründetetes Unternehmen namens Apeiron – Penninger sitzt dort heute im Aufsichtsrat – arbeitet auf Basis dieser Entdeckung an einem Medikament. Penninger beschreibt sich als „genetischen Ingenieur“, der herausbekommen will wie Gene funktionieren. Es gehe ihm als Mediziner aber „nicht um Umsatz, sondern um Forschung, die Leute wieder gesund macht“.
Der Wissenschaftsstandort Österreich müsse „knallhart kompetitiv“ geführt werden. „Die besten Ideen kommen von den besten Leuten, denen muss man genug Geld geben und schauen, was passiert“. Es klingt wie die Geschichte seines Lebens. Der frisch gebackene Wittgenstein-Preisträger ging nach seinem Medizin-Studium nach Kanada, wo er eine beispiellose Karriere hinlegte. Zwei Mal wurde er dort in die „Top 10“ der „modernsten Wissenschaftler des Landes“ gewählt, eher er 2002 von der Akademie der Wissenschaften nach Wien berufen wurde, um das Instituts für Molekulare Biotechnologie IMBA aufzubauen. Penninger: „Österreich bräuchte zehn IMBAS.“
Was er mit dem Preisgeld machen wird, ist noch nicht ganz klar, vermutlich wird Penninger einen Mitarbeiter damit ausstatten, der die an seinem Institut entwickelte Technologie der haploiden Stammzellen – diese haben nur einen Chromosomensatz statt zwei – weiter entwickelt. „Das gehört sich so, dass man die next generation fördert.
Ausgezeichnete Exzellenz
Der Nobelpreis wirkt mickrig daneben: Kaum eine Million Euro steht 1,5 Millionen gegenüber. Der Wittgenstein-Preis liegt zumindest monetär vorne. Trotzdem gibt es gravierende Unterschiede. Während der Nobelpreis sehr oft an alte Herren am Ende ihrer Laufbahn vergeben wird, ist der höchstdotierte heimische Preis, der seit 1996 vergeben wird, oft Initialzündung für wissenschaftliches Arbeiten, das sich im internationalen Vergleich nicht verstecken muss: Der österreichische Nobelpreis wurde nach dem Wiener Philosophen Ludwig Wittgenstein (1889 bis 1951) benannt. Die Forscher werden von ehemaligen Wittgenstein-Preisträgern, Rektoren, etc. nominiert, eine renommierte Wissenschaftler-Jury aus dem Ausland trifft die Wahl. Der Preisträger erhält von Wissenschaftsministerium und Forschungsförderungsfonds (FWF) 1,5 Millionen €. Die Mittel sind streng gewidmet und müssen – aufgeteilt auf die nächsten fünf Jahre – indie Forschung fließen. Insgesamt bekommen neun Forscher 10,5 Millionen €, denn gestern wurden auch acht Nachwuchs-Preise (START) vergebe
Bis zu acht Jahre dürfen nach Abschluss der Doktorarbeit vergehen, so lange gilt man in Österreich noch als Nachwuchsforscher und kann sich für den START-Preis für Spitzen-Nachwuchswissenschaftler bewerben. Zwei der Preisträger nutzten heuer ihre definitiv letzte Chance: Bettina Bader vom Institut für Ägyptologie in Wien und Manuel Schabus, Gehirnforscher an der Universität Salzburg, "es sind Tränen geflossen", sagt Schabus.
Der Psychologe geht der Frage nach, ob Wachkomapatienten noch Reize unterscheiden können und aufmerksam sind. "Wir können die Patienten nicht direkt befragen, aber wir können die Reaktion mittels Gehirnwellen messen und sehen, wie der Patient etwa auf seinen Namen reagiert."
Bader beschäftigt sich mit dem vermeintlich "Dunklen Zeitalter" Ägytens, der Zeit von ca. 1800 bis 1570/30 v. Chr. Laut Bader war diese Phase hingegen eine Blütezeit, was sie anhand von Grabungsfunden belegen will, die in Sammlungen in Museen weltweit archiviert sind.