Leben/Gesellschaft

Wo Unsichtbares sichtbar wird

Die faszinierendsten und entzückendsten Tiere auf unserer Welt gehören oft auch zu den kleinsten. Nehmen wir nur Tardigraden. Ihr Name auf Deutsch sagt im Grunde alles: Sie werden Bärtierchen genannt, sind nicht größer als einen halben Millimeter und tapsig wie ihre großen Namensvetter.

Uns diese unbekannten Kreaturen näherzubringen, hat sich Alfred Vendl zur Aufgabe gemacht. Der Chemiker, Filmemacher und emeritierte Professor an der Universität für angewandte Kunst ist Spezialist für Science Visualisation. Was bitte? "Das ist Sichtbarmachen von Vorgängen, die wir normalerweise nicht sehen können, weil sie zu schnell oder zu langsam sind; weil sie aus vergangenen Zeiten stammen – denken Sie nur an Dinos, Mammuts oder Säbelzahntiger; weil sie sich in zu großen Dimensionen abspielen, etwa im Weltraum; oder in zu kleinen", erklärt er.

Womit wir wieder bei Vendls Lieblingstieren wären: "Die Bärchen sind die außergewöhnlichsten Lebewesen der Welt. Sie können extreme Bedingungen überleben, wie starke Strahlung oder Vakuum. Sogar ein ungeschützter Weltraumtrip macht ihnen nichts aus, sind sie doch die einzigen Lebewesen, die ihren Stoffwechsel auf null stellen können – sie sind quasi tot."

Astrobärchen

Um darzustellen, wie sie sich bewegen und funktionieren, hat Vendl den weltweit führenden Milben-Spezialisten in Schweden besucht, der die Bärchen für die Weltraumreisen von NASA und ESA züchtet. Mithilfe verschiedenster moderner Mikroskopie- und Computertechniken konnte er mit seinem Team die Milben live verfolgen und hat das Mini-Astrobärchen zum Hauptdarsteller in seinem neuen Film gemacht: "Die Abenteuer des Wasserbärchens".

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Und nicht nur das: Fast zwei Jahre lang hat er beobachtet, wie Patina wächst (unten) – und das spielt sich im Tausendstel-Millimeter-Bereich unterm Rasterelektronenmikroskop ab –, um dann eine kurze Filmsequenz zu erhalten.

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Er hat visualisiert, wie E. coli-T-Bakteriophagen in die Zelle eindringen (unten) und uns krank machen.

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Er macht sichtbar, wie ein Wassertropfen auf der Haut zerschellt (unten).

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Und lässt den Säbelzahntiger mit modernster Computertechnologie und viel Know-how wiederauferstehen (unten).

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Überraschung: Er schaut ganz anders aus als in Disney-Filmen. Auf diesen kleinen Unterschied legt der Wissenschaftler Vendl aber großen Wert: "Alles ist mit Experten abgesprochen und auf Basis der aktuellen Wissenschaft erarbeitet."

Schließlich handle es sich um ein boomendes Wissenschaftsgebiet: Die Universität in Harvard ist Vorreiter und hat ein eigenes Science-Visualisation-Institut eingerichtet.

Die beeindruckendsten Bilder und Animationen über seinen Vorstoß in die Mikro- bzw. Makrowelt hat Vendl jetzt in eine Ausstellung gepackt. Was ihn besonders fasziniert: "Die Natur hat alles hervorgebracht – den Guten, den Bösen, den Lieben." Sie sei der beste Alien-Erfinder (unten: eine Kleiderlaus).

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Und weiter: "Ich träume immer noch davon, ein Serengeti in der Mikrowelt zu produzieren."

Info: Die Ausstellung "Behind the Curtain" läuft bis 28. November im Ausstellungszentrum der Universität für angewandte Kunst Wien, Heiligenkreuzer Hof, Schönlaterngasse 5, Stiege 8 /1. Stock, 1010 Wien (Mo. bis Sa. 14 bis 19 Uhr).