Leben/Gesellschaft

Astronomen entdecken das Nachglühen des Urknalls

Schon seit Tagen sorgte das Gerücht für Aufregung unter Astrophysikern: Forscher vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics hätten erstmals Hinweise auf urzeitliche Gravitationswellen gefunden – Signale von der Geburt des Universums. Diese Strahlung wird gerne als Nachglühen des Urknalls bezeichnet."Wenn das stimmt, dann ist das eine tolle Sache", schätzt Wolfgang Baumjohann, Astrophysiker von der Akademie der Wissenschaften, die Entdeckung für den KURIER ein.Noch ist die Fachwelt vorsichtig, fehlt doch eine offizielle wissenschaftliche Publikation, dennoch: "Das gäbe uns die Möglichkeit, etwas über den Urknall herauszufinden und würde den Nachweis der Gravitationswellen bedeuten", sagt Baumjohann.

Was haben die US-Astrophysiker gemacht? Sie installierten am Südpol mit BICEP2 ein hoch spezialisiertes Wärmeteleskop, das jene geheimnisvollen Gravitationswellen ins Visier nimmt, die vor etwa 13,8 Milliarden Jahren entstanden sein müssen und schon von Albert Einstein vorhergesagt wurden. Nirgendwo auf der Erde geht das so gut wie in der Kälte und Abgeschiedenheit des Südpols. Die Herausforderung ist vergleichbar mit der Aufgabe, während eines Rock-Konzerts das Flüstern eines Fans zu verstehen. Aber der Versuch scheint geglückt zu sein.

Gravitationswellen entstehen immer dann, wenn Materie und Energie in Bewegung sind. Und sie müssten der Theorie zufolge Zeugen der allerfrühesten Frühzeit unseres Universums sein. Denn viele Kosmologen glauben, dass die erste Sekunde nach dem Zeitpunkt null durch ein unvorstellbar schnelles Aufblähen (englisch: inflation) des Weltalls gekennzeichnet ist. Diese Inflation sollte bestimmte Gravitationswellen anstoßen – eben jene, die jetzt im BICEP2-Experiment angeblich nachgewiesen wurden.

Man habe drei Jahre lang über alle möglichen Fehlerquellen nachgedacht, sagt der Leiter des Experiments John Kovac zu Nature News. "Das war bei Weitem die gründlichste systematische Analyse, an der ich je beteiligt war." Für ihn steht fest: Die Signale stammen aus der Frühzeit des Universums. Für mache Physiker ist die Erkenntnis bereits nobelpreiswürdig. Der deutsche Gravitationsphysiker Bernard Schutz etwa sagt: "Das ist der Anfang einer neuen Ära: Wir beginnen, den Urknall zu verstehen."