Leben/Gesellschaft

Lichtphänomen: Glühender Schweif über Tirol

Zuerst wurde spekuliert, ob es Meteor oder Weltraumschrott war. Doch Montagmittag gab die Europäische Weltraumagentur ESA eine Stellungnahme ab: Bei dem grünlichen, gleißend hellen Feuerstreif, der Sonntagabend aus nordwestlicher Richtung über Süddeutschland, Tirol, den Bodensee und die Schweiz hinweggerast war, dürfte es sich um einen kleinen Asteroiden oder Meteoroiden - also eine "Sternschnuppe in groß" - gehandelt haben, der schließlich über der Schweiz explodierte. "Dort ist ein Knall wahrgenommen worden", sagte am Montag Gerhard Droishagen, der bei der ESA im niederländischen Noordwijk auf erdnahe Objekte spezialisiert ist.

Die Größe des Objekts dürfte zwischen minimal 30 Zentimetern und maximal einem Meter betragen haben. Ob kleine Teile niedergegangen sind, war Montag zunächst noch unbekannt.

Verglühter Gesteins- oder Metallbrocken

"Wahrscheinlich war es ein Meteor - also ein Gesteins- oder Metallbrocken, der in einer Höhe von 50 bis 100 Kilometern verglüht ist", so Axel Quetz vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Deutschland (siehe auch "Nachgefragt" unten). Um so hell zu strahlen, müsse der Brocken zwischen fußball- und kühlschrankgroß gewesen sein. "Je größer das Objekt ist, umso wahrscheinlicher bleibt etwas übrig."

Sollte der Meteor den Boden erreicht haben, könne es aber Monate oder Jahre dauern, bis er gefunden wird.

Anders die Einschätzung von Gernot Grömer, Vorstand des Österreichischen Weltraumforums. „Man wird kaum mit Gewissheit sagen können, ob es aus den Tiefen des Weltalls gekommen ist oder eben Weltraumschrott war“, sagte Grömer. Beides sei denkbar, die Erbringung eines Beweises aber schwierig, wenn nicht aussichtslos.

Hier eine Aufnahme des Himmelskörpers von Stefan Sauter, die er auf Twitter veröffentlicht hat:

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"Alle paar Jahre"

Auch Dieter Heinlein von der Vereinigung der Sternfreunde in Heppenheim ist der Ansicht, dass es ein Meteor war. „Er zog über den Bodensee und über die Schweiz.“ Die einzelnen Teile des Himmelskörpers seien nicht besonders groß gewesen. Es habe auch keine große Druckwelle gegeben. „So ein Ereignis gibt es alle paar Jahre über Europa.“

Für Grömer hingegen ist nur gesichert, dass das Objekt gegen 20.44 Uhr für mehrere Sekunden am Himmel zu sehen gewesen ist. „Ein glücklicher Zufall ist, dass es Videoaufnahmen gibt“, meinte der Wissenschafter. Ein Video, das den Meteor über Tiroler Himmel zeigt, finden Sie am Ende dieses Artikels. Mit den Aufnahmen werde sich die ungefähre Flugbahn rekonstruieren lassen. Bisher lasse sich aber nur sagen, dass er aus nördlicher Richtung gekommen ist, so Grömer: „Es könnte etwa eine polare Umlaufbahn gewesen sein.“

Gibt es Fundstücke?

Ob man eine etwaige Einschlagstelle des Meteoriten finden wird können, bezweifelte der Weltraumforscher: „Bei dieser Größe ist das sehr unwahrscheinlich.“ Denn das wenige Zentimeter große Gestein befinde sich wahrscheinlich unter der Erde. „Ich fürchte aber, dass sich in den kommenden Tagen viele vermeintliche Finder melden werden.“

Insgesamt ist es ein „schöner Zufall“, dass dieses Himmelsspektakel beobachtet werden konnte, meinte Grömer. Denn es herrschten gute Wetterbedingungen, es war dunkel und viele Leute waren noch wach. An und für sich würden Teile dieser Größe ja vielfach unbemerkt in die Atmosphäre eindringen. „Es ist eine nette, schöne, witzige Sache, aber wohl eine Eintagsfliege.“

Hier das Video aus Tirol:

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Dieses war erst das zweite Filmchen, das Simon Partl in seinem ganzen Leben online gestellt hat. Doch das Echo auf seinen Sonntagnacht veröffentlichten Youtube-Clip, der eine über den Tiroler Himmel rasende Riesen-Sternschnuppe zeigt, war ein weltweites. „Ich habe schon die ganze Nacht Mails bekommen“, erzählt der 27-jährige im Gespräch mit dem KURIER. Es waren vor allem Medienanfragen – unter anderem aus Deutschland, Norwegen und den USA –, mit denen sich der Techniker am Montag herumschlagen musste. „Die meisten wollten wissen, ob sie das Video veröffentlichen dürfen“, erzählt der Tiroler, der im Internet zu dem Video kursierende Mutmaßungen ins Reich der Fantasie verweist: „Ufo war es sicher keines.“

"Bin ein bisschen erschrocken"

Partl war am Sonntagabend gerade auf dem Weg in seinen Heimatort Inzing (Bezirk Innsbruck Land), als der Meteorit den Himmel erhellte: „Ich war einfach in der richtigen Sekunde am richtigen Ort. Ich bin am Anfang schon ein bisschen erschrocken. Wegen der schneebedeckten Berge war es ziemlich hell. Am Schluss ist der Meteorit hinter den Bergen verschwunden.“ Dass es einer war, sei ihm erst zuhause richtig klar geworden. „Man hat auf Twitter schnell mitbekommen, was da los war.“ Dass sein Clip derartig einschlagen würde, war dem 27-Jährigen aber nicht bewusst. „Damit habe ich nicht gerechnet. Ich habe schon über 700.000 Clicks.“ Kurz nachdem Gespräch mit dem Tiroler waren es bereits über 800.000 Aufrufe.

Und hier ein Video aus Süddeutschland:

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Am Sonntag haben viele Menschen eine helle Erscheinung am Nachthimmel beobachtet. Dabei handele es sich wohl um einen Meteor, sagt Axel Quetz vom Max-Planck-Institut für Astronomie - sozusagen eine Sternschnuppe in groß.

Was haben die Menschen in Süddeutschland und Westösterreich beobachtet?
Axel Quetz: Wahrscheinlich war es ein Meteor - also ein Gesteins- oder Metallbrocken, der in einer Höhe von 50 bis 100 Kilometern verglüht ist. Solche Objekte treffen mit hoher Geschwindigkeit auf die Atmosphäre, zwischen 11 und 70 Kilometern pro Sekunde, und werden dabei abgebremst. In Reaktion mit den Luftmolekülen entsteht der helle Schweif.

Kann ein solches Objekt auch einschlagen?
Um so hell zu strahlen, muss der Brocken zwischen fußball- und kühlschrankgroß gewesen sein. Je größer das Objekt ist, umso wahrscheinlicher bleibt etwas übrig. Sollte der Meteor vom Sonntag den Boden erreicht haben, kann es aber Monate oder Jahre dauern, bis er gefunden wird. Die üblichen Sternschnuppen werden dagegen von Objekten verursacht, die gerade einmal die Größe eines Kirschkerns haben - sie erreichen den Boden nicht.

Wie häufig sind solche Ereignisse zu sehen?
Wir wissen, dass weltweit im Mittel einmal im Monat ein solcher Brocken in der hohen Atmosphäre explodiert. Das heißt grob gesagt: Einmal jährlich pro Erdteil. Weil es aber häufig nachts wie tags bewölkt ist, sieht man den Meteor nur selten - zwischen solchen großen Erscheinungen liegen meist mehrere Jahre.