Leben/Gesellschaft

Artensterben trifft Australien mit voller Härte

Die einzigartige Tierwelt Australiens schrumpft laut einer neuen Studie alarmierend schnell. Säugetiere, vor allem Vertreter der Untergruppe der Beutelsäuger, sind stärker vom Aussterben bedroht als in anderen Weltgegenden. Ein Drittel der weltweit mehr als 80 Landsäugetierarten, die in den vergangenen 200 Jahren ausgestorben sind, waren einst in Australien beheimatet. Das berichten australische Forscher nach Auswertung von 3000 Studien in den "Proceedings" der US-nationalen Akademie der Wissenschaften ("PNAS"). Schuld an der Misere sind eingeschleppte Raubtierarten wie Katzen und Rotfüchse, die ureinheimische Tiere fressen.

Das Ausmaß des Verlustes sei bislang nicht bekannt gewesen, sagt Autor John Woinarski von der Charles Darwin- Universität. Statt der von der Regierung gelisteten 20 ausgestorbenen Arten, seien es mindestens 28. Es müsse viel mehr für den Schutz der bedrohten Arten getan werden. Anders als in vielen anderen Ländern, in denen Tiere von Lebensraumverlust bedroht sind, hat die Natur in Australien genug Platz zur Verfügung. Die Tiere werden aber von Raubtieren erlegt, die es in Australien nicht immer gegeben hat. Fuchs und Katze wurden im 17. und im 18. Jahrhundert aus Europa eingeführt. Sie haben sich über Dreiviertel des Kontinents ausgebreitet, ihr Bestand wird auf je 10 bis 20 Millionen Tiere geschätzt. Etliche der bereits ausgestorbenen Arten sind im Bewusstsein der Öffentlichkeit nicht präsent, weil sie fernab der Menschen gelebt und auch nicht das Charisma größerer Säugetiere hatten, sagt Woinarski, viele waren Nachttiere und zudem scheu, wie das Nachtbrustkänguru oder die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte. "Wir haben mindestens zehn Arten, von denen es weniger als 1000 Exemplare gibt." Um die unerwünschten Räuber in Zaum zu halten, rückt Australien den Tieren mit Giftködern zu Leibe. "Bei Füchsen funktioniert das, bei Katzen ist es schwieriger, die sind beim Fressen wählerisch", sagt Mitautor Andrew Burbridge.

Schutzmaßnahmen

Australien schafft auch Schutzgebiete mit Zäunen, um Füchse und wilde Katzen abzuhalten. Dort erholen sich bedrohte Arten wie der Ameisenbeutler. Andere Arten werden auf unberührte Inseln gebracht. Das passiert auch mit dem bekanntesten australischen Beuteltier, dem gefährdeten Koala. Ohne natürliche Feinde vermehren sich die Koalas stark, bis sie selbst zur Plage werden und die Insel kahlfressen. "Auf der Känguru-Insel werden Koalas schon sterilisiert", sagt Woinarski.

Zeitverzögert

In Europa sind die Gründe für den Artenschwund andere, aber auch hier steigt der Verlust der Biodiversität, der Vielfalt an Arten und Lebensräumen, dramatisch. Eine aktuelle Studie von Forschern der Universität Wien und des Umweltbundesamtes bestätigt, dass die Folgen von Umweltveränderungen wie Lebensraumzerschneidung und Klimawandel oft erst verspätet erkannt und meist unterschätzt werden. Wissenschaftliche Untersuchungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass der Biodiversitätsverlust mit zeitlicher Verzögerung menschlichen Eingriffen folgt. Das bedeutet, dass die Konsequenzen heutiger Eingriffe nicht sofort bemerkbar sind, und das volle Ausmaß des meist irreversiblen Artenverlusts sich erst verspätet einstellt.