Leben/Gesellschaft

Wenn Futter krank macht

Er sieht elend aus. Die Haut ums Maul ist verkrustet, die Pfoten sind rot, die Ohren entzündet. Hin und wieder muss er erbrechen, das Gackerl ist viel zu weich. Der Hund ist nicht gesund.

Sie hat kahle Stellen am Kopf, Fell fehlt auch an Hals und Bauch – wegen akuten Juckreizes weggekratzt und abgebissen, dazu kommt Durchfall ohne Ende. Die Katze kränkelt eindeutig.

„Prinzipiell können alle Haustiere von einer Allergie betroffen sein“, sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn weiß, dass so mancher Vierbeiner heftig auf Parasiten reagiert oder auf Raumluftverbesserer Niesanfälle bekommt. Vor allem Futterallergien nehmen zu. Zwischen acht und 25 Prozent der Hunde und Katzen vertragen ihre Nahrung nicht. Zoodoc Katharina Reitl aus der Tierärztlichen Ordination Tiergarten Schönbrunn kennt das Problem aus der Praxis. Die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team erklärt, was die Vierbeiner aus dem Gleichgewicht bringt und wie ihnen geholfen werden kann.

Diagnose

Ob Baby oder Senior, Haustiere können in jedem Alter eine Futterallergie entwickeln, erst recht bei erblicher Vorbelastung. Fast immer sind Proteine und Eiweißverbindungen verantwortlich für das unheilbare Leid, das schmerzhafte Hautveränderungen und unangenehme Magen-Darm-Problemen verursacht. Auch Getreide, Gluten und Zusatzstoffe können Übeltäter sein. „Die Diagnose ist für den Tierarzt nicht einfach zu stellen“, sagt Reitl: Selbst wenn alle Symptome stimmig ins Krankheitsbild passen, sind die Immunsystem schwächenden Auslöser noch lange nicht bekannt. Sofort-Reaktionen binnen 30 Minuten bis einige Stunden treten weit seltener auf als Spät-Reaktionen, die sich erst ab dem fünften Tag zeigen. Dann ist vergessen, was alles im Napf war, welches Leckerli angeboten oder gar gestohlen und was beim Gassi Gehen oder Streunen ganz nebenbei verputzt wurde.

„Eine Allergie ist leider nicht mit einem Tierarztbesuch und einer Spritze erledigt“, sagt der Zoodoc. Im Gegenteil: Bis zu acht Wochen dauert es, bis der letzte Rest an Protein einer Mahlzeit ausgeschieden ist. Vom individuell erarbeiteten Diätplan, der z. B. auf speziell aufgespaltenen Proteinen aufbaut, darf nicht abgerückt werden. Eine schwierige und nicht ganz billige Angelegenheit. Die Symptome müssen oft gleichzeitig mit Medikamenten behandelt werden. Regelmäßige Kontrollen beim Tierarzt sind damit unumgänglich, mit Rückschlägen ist zu rechnen. Eine Umstellung der Ernährung ist immer heikel.

Ist das Haustier dank Diät wieder fit, startet der nächste Menüplan nach Maß: „Montag ist der Tag des Neuen“, erklärt die Expertin aus dem KURIER-Tiercoach-Team ihre Vorgehensweise. Jede Woche wird häppchenweise ein neues Futtermittel eingeführt. Pferdefleisch, Fisch, Wild und Schaf sind meist besser verträglich als Rind, Huhn, Pute, Milch und Eier. Bei Dosenfutter aus dem Handel ist genau auf die Inhaltsstoffe zu achten. Schließlich besteht die beste Therapie in der konsequenten Vermeidung der auslösenden Allergene. Katharina Reitl: „Vierbeiner, die an einer Allergie leiden, bleiben ihr Leben lang Patienten.“

Abwehr: So wie Menschen können auch Haustiere an einer Allergie erkranken. Dabei entwickelt das Immunsystem des Vierbeiners eine überschießende Abwehrreaktion auf bestimmte, normalerweise harmlose Umweltstoffe. Die Auslöser sind vielfältig.

Ausprägungen: Neben der Futterallergie, die meist durch eine Unverträglichkeit von Proteinen, Getreide oder Zusatzstoffen entsteht, leiden Hunden, Katzen und Kleintieren häufig an sogenannten Atopien.
Bei dieser Erkrankung werden die Allergene in Form von Aerosolen, Raumluftverbesserern, Hausstaubmilben oder Gräsern, eingeatmet und irritieren in der Lunge das Immunsystem. Darüber hinaus können sie über die Haut aufgenommen werden. Zu den Symptomen zählen Niesen, Juckreiz und typische Hautveränderungen. Bei Kontaktallergien sorgt die Tuchfühlung mit bestimmten Materialen wie Lederhalsband oder Polyester-Decke für eine Schädigung der Haut. Darüber hinaus machen Allergien auf Plagegeister Haustieren zu schaffen. Besonders oft tritt die Flohbissallergie auf. Auch Insektenstiche, Staphylokokken, Pilze und Arzneimittel verursachen mitunter allergische Reaktionen.