Kultur

Zum Verschnaufen aufs Plumpsklo

Schon die erste Begegnung mit Don Ray Pollock, das war 2013, machte deutlich, dass es in Zukunft aussichtslos wird. Gnadenlos.

Wenn einer aus dem Aschenbecher seines Autos Whisky trinkt, wenn eine verwirrte Frau immer Fischstäbchen in der Handtasche hat, dann wird das nichts mehr mit ihnen.

Und der tablettensüchtiger Arbeitslose, der seinen kleinen Sohn für stumm hält – bis er entdeckt, dass der Bub nur in seiner Anwesenheit nicht spricht ... höllisch.

So war das in "Knockemstiff", Pollocks Debüt, und im ersten Roman "Das Handwerk des Teufels". Jetzt, in "Die himmlische Tafel" findet zumindest einer das Glück: eine warme Limonade, ein altes Stück Kuchen und so etwas wie ein "Daheim".

Drei Söhne

Zur Zeit des Ersten Weltkriegs wird der Wilde Westen fortschrittlicher:

Es gibt ekelige Donuts, man sieht Flugzeuge, es gibt ein Auto, das von einer Frau gelenkt wird und einen Afroamerikaner, der ein weißes Rüschenhemd trägt.

Aber es gibt auch noch Cowboys, und es gibt einen Vater, der seinen drei Söhnen predigt: Es reicht völlig, sich von dem Ungeziefer im eigenen Bart zu ernähren. Und ist man tot, dann wird es super, dann wird an der himmlischen Tafel gefuttert.

Der Alte stirbt, und die Brüder holen sich, was ihnen bisher entgangen ist. Sie morden und rauben – man erschrickt vor sich selbst, denn so brutal Don Ray Pollock von den gierigen Leben in seiner Heimatgegend im südlichen Ohio erzählt:

Man muss schmunzeln.

Ein "Inspekteur", der in einer amerikanischen Kleinststadt aufpasst, damit die öffentlichen Plumpsklos nicht überlaufen und gut informiert ist, welche Bewohner "verstopft" sind, ist wie eine Verschnaufpause.

Nicht Krimis schreibt Pollock und nicht Western, die Etikettierungen stören: Der Amerikaner, der erst mit 45 erste Geschichten geschrieben hat, macht bemerkenswerte amerikanische Literatur. Er verbraucht zwar mehr Wörter, aber ist trotzdem in der Nähe von Cormac McCarthy anzusiedeln.


Donald Ray Pollock:
„Die himmlische Tafel“
Übersetzt von Peter Torberg.
Liebeskind Verlag.
400 Seiten. 22,70 Euro.