Kultur/Wiener Festwochen

"The Table": Moses beim Tabledance

Eigentlich ist Figurentheater tote Materie, die animiert wird. Aber erstaunlich, dass sich Zuschauer mit animierten Figuren – Objekten – genauso identifizieren können wie mit Schauspielern auf der Bühne. Unglaublich faszinierend, wie sich bei der One-Puppet-Show „The Table“ (noch bis Sonntag, 17 und 22 Uhr) im Schauspielhaus ein kleiner biegsamer Fetzenpuppenkörper mit einem eigenwilligen Pappkartonkopf derartig zum Leben erwecken lässt.

Unterhaltung auch höchstem Niveau lieferte die Compagnie Blind Summit Theatre – bereits bei den Wiener Feswochen im Vorjahr als Teil von Simon McBurneys „The Master and Margarita“ dabei – mit dieser Vorstellung.

Die Puppe ist Moses. Der erzählt aus der Bibel, kann aber auch mit kessem Hüftschwung tanzen, schwerelos durch das All schweben – „Regie: Stanley Kubrick“ – und sich durch einen heftigen Sturm kämpfen – mit der verzweifelten Frage: „Warum, Gott, warum?“

Dabei bewegen Nick Barnes, Mark Down und Sean Garratt die Puppe mit dem riesigen Greisenkopf auf winzigen Beinchen und Ärmchen so hinreißend, dass buchstäblich kein Zuschauer-Auge trocken bleibt, weil die wortwitzigen Dialoge die Nummer zu einer absurden Stand-up-Comedy des englischen Humors machen.

„Lovely Tanja“ aus dem Publikum wird zum Mitspielen motiviert, und als plötzlich ein Händchen und später ein Ohr verloren geht, wird munter improvisiert.

Die Spieltechnik basiert auf Bunraku, einer traditionellen, japanischen Form des Figurentheaters, bei der ein Akteur Kopf und rechten Arm, ein zweiter den linken Arm und den Körper und ein dritter die Beine bewegt. 75 wunderbare Minuten lang. Mit Jubel am Ende, wie ihn sogar Schauspielerstars nur selten erleben.

Spaß mit Zappelmoses

Performance: Ein Tisch, eine Puppe, drei Spieler, das genügt. Das Blind Summit Theatre versteht sich darauf, toten Dingen Leben einzuhauchen.

Einmaliges Figurentheater: „The Table“ ist höchst amüsantes, intelligentes und bissiges Puppenspiel.

KURIER-Wertung: ***** von *****