Wien Modern bleibt trotz Adlerschwingen am Boden
Von Georg Leyrer
Die ersten tönenden Eckpfeiler des heurigen Wien Modern-Festivals sind gesetzt; und nach der Eröffnung am Donnerstagabend im Wiener Konzerthaus bleibt zu wünschen, dass sich diese im Laufe der kommenden drei Wochen noch deutlich verschieben. Denn es war eine Eröffnung, die gleich einmal aufzeigte, was der Neuen Musik alles leider immer noch recht schwerfällt.
Kurios schwer
Wie kurios schwer man sich etwa oftmals mit Lockerheit tut: Themenkreisen, die einst von den Panflötenspielern in den Einkaufsstraßen (wo sind die eigentlich hin?) besetzt waren, widmete sich das Auftaktstück des heurigen Schwerpunktkomponisten Peter Eötvös; er hatte beim Komponieren den Blick eines Adlers und das Rauschen unter dessen Flügeln vor dem inneren Auge. Vor Ohren hatte man dann anderes; es war ein abstrakter, perkussionslastiger, jedenfalls distanzierter Blick auf baskische Volksmusik.
Wie kurios schwer es der Neuen Musik fällt, aus der Gescheitheitsfalle zu entkommen, hatte zuvor die Eröffnungsrede gezeigt; wie schwer es sich die Gattung mit ihrer Erforschung des Klanges macht, dann Salvatore Sciarrinos „Giorno velato presso il lago nero“: Da fistelten die Geigen, da deuteten die Musiker des ORF-Radiosymphonieorchesters unter Cornelius Meister Musik erst ausführlich an, bevor selbige dann einsetzte.
Meisterwerk
Und zuletzt, beim Höhepunkt des Abends, zeigte sich, wie schwer die Neue gegen die verstärkte Musik ankommt: Luigi Nonos hochtragisches, beklemmendes Meisterwerk „Il canto sospeso“, eine schmerzhafte Auseinandersetzung mit Mord und Widerstand im 20. Jahrhundert, wurde durch vom Nachbarsaal herüberwummernde Basslinien nachhaltig ruiniert. Ewig schade.
KURIER-Wertung: