Welser-Möst über Meyer: "Staatsoper hat an Relevanz verloren"
Von Thomas Trenkler
Am 6. Juni 2007 wurde Franz Welser-Möst zum Generalmusikdirektor der Wiener Staatsoper ab 2010 bestellt. Er sollte das Haus gemeinsam mit Dominique Meyer als Direktor leiten. Er dirigierte im Herbst 2010 die erste Premiere der neuen Ära, "Cardillac" von Paul Hindemith. Im Jänner 2012 teilte die damalige Kulturministerin Claudia Schmied (SPÖ) mit, dass sowohl der Vertrag von Welser-Möst (bis 2018) als auch jener von Meyer (bis 2020) verlängert worden sei.
Doch Anfang September 2014 erklärte Welser-Möst seinen sofortigen Rücktritt: Die „seit längerer Zeit bestehenden Auffassungsunterschiede in künstlerischen Belangen waren auch in mehreren Gesprächen nicht aufzulösen“. Konkret wurde er nicht. Aber das hatte einen Grund: Aufgrund einer Vereinbarung durfte er sich bis zum 1. Juli 2020 nicht zu seiner Zeit an der Staatsoper äußern.
Nun ist die Ära von Meyer zu Ende - und Welser Möst übt heftige Kritik. „Die Staatsoper hat international an Relevanz verloren“, so der in Linz geborene Dirigent in den „Oberösterreichischen Nachrichten". Ein Haus müsse lebendig sein und pulsieren, das zeige sich nicht unbedingt an den Auslastungszahlen, die so, "wie sie kolportiert worden sind, sowieso nicht gestimmt" hätten. "Es gibt eine Gefälligkeit, die gefährlich ist. Kunst muss auch leidenschaftlich diskutiert werden“.
Wenn ein Haus auf lange Sicht vom Tourismus lebt, werde es gefährlich“, meinte der Dirigent mit Verweis auf die Coronakrise. Bei der künstlerischen Ansicht habe er die Meinung von Dominique Meyer oft nicht geteilt: „Für mich war es ein Problem, dass er viele junge, hübsche Sängerinnen engagiert hat, die einfach mit wenig oder gar keiner Erfahrung plötzlich Ensemblemitglied in der Wiener Staatsoper waren. Das ist ja keine Ausbildungsstätte, sondern ein Riesenbetrieb mit rund 50 verschiedenen Opern pro Jahr.“
Auch persönlich hatte Welser-Möst mit dem Direktor Probleme: „Ich bin jemand, der sich mit einem Menschen wie Dominique Meyer, der einfach nicht greifbar ist, wahnsinnig schwertut. Ich kann mit sogenannten schwierigen Persönlichkeiten wie Holender oder Pereira viel besser als mit jemandem, der mit einem Diplomatenlächeln alles weglächelt.“
Meyer leitet ab nun - als Nachfolger von Alexandert Pereira - die Scala in Mailand.