Was es mit dem Riesenpferd am Michaelerplatz auf sich hat
Von Anna Scheutz
Neun Meter hoch, 16 Tonnen schwer: Ab heute wird auf dem Michaelerplatz in Wien eine gewaltige Pferdestatue aufgestellt, am Pfingstmontag wird sie fertig sein.
"Der Michaelerplatz ist umgeben von Reiterdenkmälern, die an Traumverwirklichung, große Siege und sichere Zukunft erinnern. Jeder Besucher, der an Wiens Geschichte interessiert ist, landet schlussendlich auch bei meinem Bukephalos – dem einzigen Pferd ohne Sockel und ohne Reiter, schwebend auf den Wurzeln und Nabelschnüren unserer Geschichte und Demokratie", sagt Künstler Andje Pietrzyk zum KURIER.
Bukephalos war einst das Streitross Alexander des Großen. Für Pietrzyk hat seine Konstruktion eine viel größere Bedeutung als den Ausdruck reiner Stärke: "Sie steht für Mut, Freiheit, Überwindung unserer Vorurteile, auch gegenüberden Flüchtenden und Leidenden – dieser Mut ist wichtig, um die Zukunft zu gestalten."
Auch die verwendeten Materialien sind nicht unwichtig: "Bronze ist ein kostbares und langlebiges Material, alle Spuren meiner Emotionen befinden sich darin. Es wird immer wieder in der Kunstgeschichte verwendet, und so konnte ich eine Brücke zu den bronzenen ,Urwerken‘ schlagen."
Der gebürtige Pole, der in Linz lebt, wurde von einer Freundin, der Chefin einer großen Getränkefirma, zu der Skulptur inspiriert: "Uta Scherb war Pferdenärrin und Kunstsammlerin, ich sollte ihrem verstorbenem Mann ein Denkmal setzen: Ein überdimensionales Reiterdenkmal. Leider konnte das Werk nie vollendet werden, weil Uta Scherb 2013 verstarb." So führte den Künstler ein ursprünglicher Monumentalauftrag in die Welt der griechischen Mythologie. Und in dieser Welt ist Bukephalos (zu deutsch Ochsenköpfiger) zu Hause. Es galt als unreitbar, weil es sich vor seinem eigenen Schatten fürchtete. Nur Alexander dem Großen soll es gelungen sein, Bukephalos zu reiten, und schließlich wurde es zu Alexanders Streitross.
Empfindlichste Stelle
"Ich wollte Bukephalos ein Denkmal setzen, weil es so symbolträchtig ist. Normalerweise beschäftige ich mich nicht mit Tierdarstellungen, aber das Pferd ist der treueste Begleiter des Menschen, seit Tausenden von Jahren wird es gezüchtet, verehrt und geschätzt", erklärt der Künstler seine Skulptur. Die vier Meter hohe Pferdeskulptur wird von einem fünf Meter hohen Unterbau ergänzt. Dieser besteht aus Wurzelwerk und Verästelungen auf denen Bukephalos schwebt. "Es ist doch wunderbar, dass sich ein Pferd aus eigener Kraft erhebt und auch an seiner empfindlichsten Stelle, dem Bauch, zu betrachten ist", sagt Pietrzyk. Die Herstellung hat sich schwierig gestaltet: "Es ist mit Abstand mein komplexestes Werk! Zuerst musste eine eigene Halle errichtet werden, wo das Modell überhaupt Platz hatte. Es war enorm kräfteraubend, Begeisterte für meine Idee zu finden." Die Skulptur wird bis 26. Juni am Michaelerplatz zu sehen sein.