WaLuLiSo war kein Spinner
Von Peter Pisa
Bis zu seinem Tod 1996 wanderte ein Mann in Toga und Sandalen durch Wien, Olivenzweige im Haar, ein Zepter in der Hand, und predigte, die Natur zu achten und einander lieb zu haben (und nicht zu rauchen). Mitunter war er sogar am Strand von Jesolo zu sehen. Er wohnte in der Wehrgasse auf nur neun Quadratmetern. Zuletzt verteilte er sein Geld: „Charakter zählt ...“
Warum eigentlich belächelte man ihn?
Es ist großartig, wie Fabian Eder – „Tatort“-Regisseur und Drehbuchautor (etwa von Kehlmanns „Ich und Kaminski“) an diese wahre Geschichte anschließt, indem er den Straßenbahner Hans Braunbrenner einsetzt.
Braunbrenner hatte ihn einst mit einer Notbremsung auf der Ringstraße vor dem verfrühten Tod bewahrt. Damals sprang so was wie ein Funke auf ihn über, ein Olivenzweig gewissermaßen. Nach seiner Pension mietete er WaLuLiSos alte „Wohnung“ und wurde ein ähnliches Original wie er, genannt „Der Prophet“.
Wien privatisiert
Es ist großartig, wie Fabian Eder sozusagen „mit links“ das Wien des 5., 6. Bezirks einfängt und eine kleine Buchhändlerin als Heldin wider Willen einsetzt.
Man schluckt angstvoll, weil sich der Roman wandelt; weil „ Aufstand“ zum Staatskrimi wird und sogar das Universum miteinbezieht.
Ja, warum macht er denn das? Gern hätte man weiterhin so Schönes, so Unaufgeregtes erzählt bekommen.
Aber bitte sehr, es muss wohl gewarnt werden in diesen Zeiten: Wien privatisiert die Wasserleitungen, Böses liegt in der Luft, „der Prophet“ spürt es, weiß Genaueres über die neue Energiefirma – und wird aus dem Verkehr gezogen. Seine Bekannte, die Buchhändlerin, sucht ihn und tritt eine gewaltige Lawine los.
Und das Ergebnis ihres notwendigen Widerstands? Die letzten Seiten, auf denen eine neue Regierung antritt, sind – Pardon – zum Kotzen: Die Demokratie ist weit weg.
Fabian Eder hätte nicht gar so „breit“ werden müssen. Der 50-Jährige hat das Zeug, Leben aus nahezu nichts zu schaffen.
KURIER - Wertung:
Fabian Eder: „Aufstand“ BraumüllerVerlag. 200 Seiten. 19,90 Euro.