Kultur

Verhört? Worum es in bekannten Songs wirklich geht

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Wir hören, was wir hören wollen. Und das muss nicht immer das sein, was auch gesagt wurde. Oder gesungen. Und wenn wir schon mal das Richtige verstehen bei all dem Genuschel, egal ob Deutsch oder Englisch, heißt das noch lange nicht, dass wir es richtig deuten. „Keiner versteht den anderen ganz, weil keiner beim selben Wort genau dasselbe denkt ...“, zitiert der Frankfurter Michael Behrendt seinen großen deutschen Landsmann Goethe im Vorwort seines aktuellen Buchs „I Don’t Like Mondays – Die 66 größten Songmissverständnisse“. Das Problem an sich ist also keinesfalls ganz neu. Und hat nicht ausschließlich mit Musik zu tun. Als Kind dachte ich immer, die ausgezeichnete und damals wahnsinnig angesagte Speise „Ham and Eggs“ habe etwas mit der von mir geliebten Hammondorgel und Texas zu tun: „Hammond-Tex“. Amerikanisch jedenfalls und unheimlich viel besser als das altbekannte Rührei mit Schinken.
„Mondegreen“ heißen diese Verhörer inzwischen offiziell, warum, erklärt Behrendt in seinem Buch genauso wie was Rocker meinen, wenn sie über einen „Affen auf dem Rücken“ singen oder sich in ein Mädel namens Mary-Jane verlieben.
Und natürlich beschreibt er die am heftigsten fehlinterpretierten Songs der Popgeschichte – und ihre wahre Bedeutung.
Hier einige Beispiele:

BRUCE SPRINGSTEEN

BORN IN THE USA

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„Ich bin hier geboren, aber es gibt keinen Platz und keine Arbeit für mich“, brüllt sich der Anti-Held des Songs die geschundene Seele aus dem Leib. In einer vergessenen Industriestadt geboren, als Kind geschlagen, als Jugendlicher eingebuchtet, als Soldat im Krieg verheizt. Und dann passierte das Unfassbare: Aus einer bitteren Anklage wurde ein patriotischer Haudrauf-Hit, den vor allem die zu nutzen versuchen, die Ziel der Anklage waren. „What have they done to my song?“, könnte Mr. Springsteen fragen ...

BOB Marley

NO WOMAN NO CRY

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Ich konnte es nicht glauben und hab den Test gemacht. Und ja, auch heute noch denken etliche Hörer, darunter einige meiner hochverehrten Kollegen, es gehe in dem Song darum, dass ein Mann ohne Frau besser dran ist, weil er sich entweder ihr Geflenne nicht anhören muss oder selbst keinen Grund zum Frust hat. Nein, meine Herrn: Bob Marley tröstet hier eine Frau. „No“ wird im jamaikanischen Patois auch statt „don’t“ gesagt. „Weine nicht“, sagt er also, weil: „Everythings’s
gonna be allright ...“

BOOMTOWN RATS

I DON’T LIKE MONDAYS

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DER Song für uns Montagmorgenmuffel, oder? Nein, eigentlich nicht, auch wenn Radio-DJs das seit Jahrzehnten anders sehen. Es geht um die 16-jährige Brenda Ann Spencer, die an einem Montagmorgen im Jänner 1979 in San Diego wahllos Mitschüler und Lehrer erschoss. Auf die Frage, warum sie es getan hat („Tell me why?“) antwortete sie lapidar: „I don’t like Mondays.“

THE POLICE

EVERY BREATH YOU TAKE

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Der ewige Kuschelpop-Hit ist ein Liebeslied, das Frauenherzen schmelzen lässt. So sensibel, so zart, soooo einfühlsam ... Hm, gruselig würde es wohl besser treffen, wenn man sich die Lyrics genauer anhört. Ein von seiner Freundin verlassener Mann droht seiner Ex mit gänsehautaufstellender Säuselstimme: Egal, was du tust, bei wem du übernachtest, wohin du auch gehst – ich werde jeden Schritt von dir, jeden Atemzug beobachten. Autor Sting ist noch heute verwundert, dass kaum jemand erkennt, wie düster der Song in Wirklichkeit ist. „Es ist eine hässliche Geschichte“, sagt er selbst.

PETER PAUL AND MARY

PUFF THE MAGIC DRAGON

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Wir erinnern uns an die Komödie „Meine Braut, ihr Vater und ich“ mit Ben Stiller und Robert De Niro? Wenn ein scheinbar naiver De Niro erklärt, dass der Song von einem Buben und seinem Drachen namens Puff handelt, wo doch die ganze Welt wusste, dass es bei dem Folk-Hit aus den 60ern ganz eindeutig ums Rauchen von Marihuana ging? Den magischen Drachen paffen und so ... „Nein“, sagt Paul Stookey, Sänger der Band, „Robert De Niro hatte Recht. Es geht tatsächlich ums älter werden und den Verlust der Magie der Kindheit – die Sache mit den Drogen hat sich irgendein schlauer Journalist zusammengereimt.“


FRANCE GALL

LES SUCETTES

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Zum Abschluss noch ein Irrtum, dem praktisch nur die Sängerin selbst aufgesessen ist: Als France Gall 1966 über ein paar Pennies für einen Lolli („Les Sucettes“) sang, war dem Publikum schnell klar, worum es ging. Vor allem, wenn ihr der „süße Saft des Anissamens die Kehle hinunterrann“. Immerhin hatte Bad Boy Serge Gainsbourg den Hit geschrieben. Und der naiven, damals 18-jährigen France klargemacht, dass es ein unschuldiges Lied über ein Mädchen und seine Liebe zu Dauerlutschern sei. Gainsbourg kam bei der Jugend damals nicht mehr so gut an, er brauchte einen Schocker – France Gall verhalf ihm unfreiwillig dazu ...

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– „Amstel Light!“ Irrtum, „Enter Light“, heißt es. Aber Bier schadet auch nie ...

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Und vielen Dank an Leserin W.W. Sie hörte bei "Daffodil Lament" von den Cranberries jahrelang "I have decided to love you forever...thunder and lightning won't change what I feel...". Richtig ist aber: "I have decided to LEAVE you forever...", wie sie selbst herausfand. Ich habe ehrlich gesagt noch keinen einzigen von Dolores O'Riordan gesungenen Text völlig verstanden. ;)

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