Höhenflug mit Mary Poppins
Von Thomas Trenkler
Respektable 42 Millionen Euro erhalten die Vereinigten Bühnen Wien in diesem Jahr von der Stadt. Die Summe erschien Ernst Woller, dem Kultursprecher der Wiener SPÖ, und Klaus Werner-Lobo, seinem Kollegen von den Grünen, als zu hoch: Sie forderten eine "echte Neukonzeption" samt Kostenreduktion. Wobei es den beiden nicht um die Opernbespielung im Theater an der Wien ging, sondern die Musical-Sparte.
Thomas Drozda, der Generaldirektor der VBW, hatte daher bis zum Sommer 2014 ein "Zukunftskonzept" zu erarbeiten. Diverse Szenarien wurden entwickelt, defensive wie offensive. Was wäre, wenn Musical nur mehr im Ronacher gespielt und das Raimund-Theater vermietet wird? Was wäre, wenn man beim Hauptbahnhof ein neues Musicalhaus errichtet, das mit 1800 Sitzplätzen groß genug ist, um keine Subventionen zu benötigen?
Thomas Drozda dürfte keine Hoffnung gehegt haben, das große Expansionsszenario durchzubringen. Es diente aber als Schutzschild für die von ihm "klar präferierte Variante": den Ausbau des nicht unter Denkmalschutz stehenden Raimund-Theaters von 1200 auf 1600 Plätze. Die Folge wäre, dass der Zuschuss der öffentlichen Hand pro Besucher um zumindest ein Drittel sinken, der Eigendeckungsgrad also erheblich steigen würde.
Kosten: 35 Millionen
Der Generaldirektor hat bereits konkrete Pläne ausarbeiten lassen. Der Investitionsbedarf beträgt insgesamt 35 Millionen Euro, davon zehn für die notwendige Sanierung des 1893 errichteten und 1985 modernisierten Theaters. Diesen Betrag habe, so Drozda, die Stadt zu übernehmen. Und die VBW würden für die notwendigen 25 Millionen einen mit zwei Prozent verzinsten, zwei Jahrzehnte laufenden Kredit aufnehmen.
Die Refinanzierung erfolge über die erwartbaren Mehreinnahmen. "Ich finde das Projekt gescheit", sagt Drozda. Doch die Stadt hat noch keine Zustimmung gegeben. Und sie dürfte, befürchtet man bei den VBW, auch keine geben – zumindest bis zur Wahl im Oktober. Denn es liegt auf der Hand, dass es in der Umbauphase zu einer größeren Personalreduktion kommen müsste. Aber Drozdas Vertrag läuft bis 2018. Und er würde gerne noch eine Periode anhängen: "Ich werde mich wieder bewerben!"
Exzellente Zahlen
Die Ansage von Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) im KURIER-Interview, keinen künstlerischen Wunderwuzzi suchen zu wollen, findet Drozda richtig. Er geht davon aus, dass die Verträge von Opern-Intendant Roland Reyer und Musical-Chef Christian Struppeck weiterverlängert werden: "Wenn Erfolg keine Begründung für eine Verlängerung ist, dann gibt es keine."
Aufgrund der Rückkehr zur alten Subventionshöhe, eben 42 Millionen, und dem Höhenflug von "Mary Poppins" stehen die VBW derzeit glänzend da. Die Besucherzahl stieg 2014 gegenüber dem Jahr zuvor von 473.430 auf 572.365, der Eigendeckungsgrad von 39,33 auf 49,19 Prozent (24,7 Prozent in der Oper, 54,8 Prozent beim Musical).
Die Auslastung betrug beim Musical 90,7 Prozent (nach 77,1 Prozent), in der Oper sogar 95,7 Prozent (nach 92,1 Prozent). Der Zuschussbedarf lag pro Besucher bei 73,40 Euro (205 Euro in der Oper, 42 Euro beim Musical). 2013 hatten die VBW mit einem Minus von 4,4 Millionen abgeschlossen, nun machte der Bilanzgewinn 917.484 Euro aus, und das Eigenkapital beläuft sich auf 7,2 Millionen Euro.
Aufgrund des enormen Interesses wird "Mary Poppins" (Auslastung bis dato bei 97,1 Prozent) bis Jänner 2016 verlängert, weshalb das Musical "I am from Austria" von Rainhard Fendrich auf 2017 verlegt wird. Im Herbst 2016 soll "Schikaneder" uraufgeführt werden.
Bilder aus dem Mary-Poppins-Musical