Tricky: Krank durch Ruhm
Es gab Zeiten, da war Tricky ein Interview-Partner, für den das Wort Grantscherben eine Schmeichelei war. Nach seinem Durchbruch mit dem richtungsweisenden Album „Maxinquaye“ von 1995 sah er Journalisten als Feinde, Gespräche mit ihnen als Qual.
Anno 2013 wirkt der als Adrian Thaws in Bristol geborene Trip-Hop-Mitbegründer wie ausgewechselt. „Ich fühle mich einfach wieder auf Kurs“, sagt er beim Telefonat mit dem KURIER. Der Auslöser dafür: Das eben erschienene Album „False Idols“, für das er sein eigenes Label gegründet hat, somit die künstlerische Freiheit wiederfand und sich „ endlich wieder inspiriert“ fühlt.
Für den Sound von „False Idols“ bedeutet das eine Rückkehr zu der herrlich dichten und mystischen Atmosphäre, die Trickys frühe Platten ausgezeichnet hat. Der Album-Titel nimmt Bezug auf die Texte, in denen er sich mit der seiner Meinung nach „zerstörerischsten“ Obsession der heutigen Gesellschaft beschäftigt: „Filmstars und Musiker sind die Götter von heute. Für mich waren Leute wie Kennedy Idole – nicht irgendwer, der in Magazinen vorkommt. Aber durch diesen Fokus unserer Gesellschaft auf Celebritys werden Begriffe wie Glaube und Liebe bedeutungslos.“
Krank
All das, gibt er zu, sei sehr persönlich gefärbt, entspringe seinem Hass gegenüber dem eigenen Ruhm. Heute weiß der 45-Jährige zwar, dass seine Grantscherben-Jahre, die Stimmungsschwankungen und Depressionen, an denen er bis in die Nuller-Jahre litt, die Folge einer mittlerweile ausgeheilten Candida-Infektion waren. Trotzdem macht er auch seinen Ruhm dafür verantwortlich: „Wenn du dauernd spürst, dass dich die Leute anstarren, benimmst du dich anders. Du sprichst anders, bewegst dich anders, bist einfach nicht natürlich. Das macht unweigerlich krank!“
Kreuz
Statt mit Martina Topley-Bird, der Sängerin seiner frühen Platten, hat Tricky für „False Idols“ mit Francesca Belmonte und Fifi Rong zusammengearbeitet.
Auch mit Robert „3D“ Del Naja von Massive Attack, mit denen er vor der Solo-Karriere zwei Alben gemacht hat, war er kürzlich wieder im Studio. „Wir haben etwas aufgenommen, ich weiß aber nicht, was Robert damit machen wird. Denn ehrlich gesagt, hatten wir schon nach zwei Stunden heftige Diskussionen. Er ist ein guter Kerl. Aber er liebt es, 3D zu sein. Das ist ihm wichtiger als die Musik.“
Bewertung: Samples aus Funk und Soul, Anleihen aus Punk und der Elektronik der 80er, geschickt mit Trip-Hop verwoben. Musik, die über weite Strecken tief unter die Haut geht.
KURIER-Wertung: **** von *****