Treffen sich 2 Chinesen: Sagt der Kohn zum Blau
Von Georg Markus
Kennst du den? Treffen sich zwei Juden …"
"Ich bitt dich, hör auf mit deine jiddischen Witz. Weißt du keine anderen?"
"Oh ja, pass auf. Treffen sich zwei Juden …"
"Du sollst aufhören, es gibt auch nichtjiddische Witz."
"Du hast recht, also pass auf: Treffen sich zwei Chinesen. Sagt der Kohn zum Blau …"
Der jüdische Witz stammt aus dem osteuropäischen Schtetl, ist durch die jiddische Sprache geprägt und lässt sich oft nur mangelhaft ins Deutsche übertragen. Im Schtetl entstand auch der Begriff vom "Lachen unter Tränen", da die Geschichte der Juden Osteuropas eine Geschichte der Verfolgung, der Armut und der Entwurzelung ist.
Ein Antisemit will nach dem Ersten Weltkrieg in der Eisenbahn einen Juden provozieren. "Sag, Jud, wer ist schuld daran, dass wir den Krieg verloren haben?"
"Ich glaube, die jüdischen Generäle."
"Richtig", sagt der Antisemit, doch dann fällt ihm ein: "Wir haben ja gar keine jüdischen Generäle gehabt."
"Wir nicht – aber die anderen."
Groteskerweise gab und gibt es zwischen jüdischem und antisemitischem Witz viele Überschneidungen. Jüdische Komiker erzählten jiddische Witze, in denen sie sich "über die eigenen Leut" lustig machten. Das war eine Form der Selbstironie, unter dem Motto: "Wenn schon jemand über uns herzieht, dann machen wir das am besten selber!"
In einen solchen Witz verpackte der jüdische Komiker Heinrich Eisenbach die Tatsache, dass viele Juden zum Christentum konvertierten:
Schmule lässt sich taufen. Drauf fragt ihn Itzig: "Warum bist du Protestant geworden und nicht Katholik?"
Drauf sagt Schmule: "Weil bei die Katholiken sind mir schon zu viel Juden!"
Die Nazis pervertierten den jüdischen Witz zum "Judenwitz", indem sie dessen Protagonisten zu "Witzfiguren" formten und in Hetzblättern auch noch karikierten. Für die Inhaftierten in den Konzentrationslagern wurde der Witz oft zur Überlebensstrategie, hinterließ uns der georg.markus@kurier.at
Auschwitz-Überlebende und später berühmt gewordene Neurologe Viktor Frankl: "Es mag erstaunlich klingen, dass es im KZ so etwas wie Humor gibt ... Auch der Humor ist eine Waffe der Seele im Kampf um ihre Selbsterhaltung."
Hält ein Gestapo-Beamter einen Mann 1941 auf der Straße an, zeigt auf den Judenstern und fragt: "Jude, was?"
"Drauf der andere: ,No na, Sheriff.""
Eine Renaissance jüdischer Witze leitete Fritz Muliar ein, der sie ab den 1960er-Jahren in einer dem Jiddischen angenäherten Kunstsprache neu interpretierte:
Zum Rebben kommt ein Mensch und fragt ihn: "Rebbe – ich weiß, ma darf am Schabbes nicht arbeiten, ma darf nicht rauchen, aber – Rebbe, ehrlich – darf man schlafen mit einer Frau?"
Der Rebbe klärt, wiegt den Kopp hin, wiegt den Kopp her, und dann hebt er den Zeigefinger und sogt: "Ja! Ma darf schlafen am Schabbes mit einem Weib. Aber nur mit der eigenen Frau! Weil – Vergniegen es dorf keines sein!"
Das neue Buch von Georg Markus
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