Kultur

Bilder einer Gottsuche

Alles fließt“ steht immer wieder auf Toilettentüren. Doch so profan gibt es Terrence Malick natürlich nicht. Er verfilmt diesen Satz (freilich ohne ihn zu nennen) so wunderbar, wie keiner vor ihm. Die alte Lehre von der Einheit aller Dinge setzt er in wogende Bilder:

Einklang und Missklang. Glück und dessen Vergänglichkeit. Aus allem wird eins und aus einem alles. Terrence Malick, der Filmphilosoph, zeigt Weizenfelder, die wogen, neben Haaren, die wehen, neben Pferden, die flüchten, neben der Liebe, die kommt & geht. Alles fließt.

„Man kann nicht zwei Mal in denselben Fluss steigen“, heißt es bei Heraklit. Malick kann. Er steigt hier nochmals in den Stil seines grandiosen Weltengeburten-Films „Tree of Life“, der 2011 die Goldene Palme gewann, und lässt ihn diesmal in schmälere, intimere Gewässer fließen. Fast noch kühner als in „Tree of Life“ (und bei der Uraufführung noch umstrittener): In „To The Wonder“ geht es kaum mehr darum, eine Geschichte zu erzählen. Hier geht es um Bilder, die fließen. Bilder, die wie Bewusstseinströme vor sich hin mäandern. Bilder, denen man sich hingeben kann oder eben nicht.

Nicht im Fluss

Die Hauptfigur des Films ist prompt ein Mann, der genau das nicht kann. Ein Liebhaber, der sich nicht restlos hingeben kann: seinen Gefühlen, der Liebe, der Natur,. Er ist ein Mensch, der nicht fließt. Ben Affleck spielt ihn und steht sehr passend immer ein wenig zu massiv in Landschaft und Wohnung und zwischen zwei Frauen herum. Nur rund um ihn herum bewegt sich alles. Wenige karge Sätze darf er sagen, die Malick ihm noch gelassen hat. Am Ende hat der Meisterregisseur nicht nur Afflecks Dialoge, sondern auch einige seiner Stars einfach aus dem Film herausgeschnitten: Rachel Weisz etwa und Jessica Chastain. Malick konzentriert sich stattdessen auf das Leiden an der Liebe in Gestalt von Afflecks stets tänzelnder Geliebter (Olga Kurylenko) und folgt assoziativ ein paar weiteren Figuren (großartig: Javier Bardem als zweifelnder Priester). Sein Film ist hypnotische Gottsuche in Bildern. Das Metaphysische: Selten hat man es so physisch gesehen. Fast so, dass man es begreifen kann.

KURIER-Wertung: **** von *****

Info: "To the Wonder". USA 2012. Von Terrence Malick. 90 Minuten. Mit Ben Affleck, Olga Kurylenko.

Tagsüber Schüler, nachts Revolutionär: Flugblätter verteilen, auf Demos gehen – und einen Molotowcocktail werfen. Die große Woge der Studentenrevolte von 1968 ist vorbei, doch kleine Wellen erreichen 1971 die französische Provinz. Dort lebt Gilles, ein 16-jähriger Schüler, und beginnt sich zu politisieren. Er und seine Freunde verkehren im linken Polit-Milieu, hören psychodelische Musik und erleben die Liebe im Umbruch der Geschlechterverhältnisse. Regisseur Olivier Assayas kehrt nach seinem Terroristen-Porträt „Carlos“ wieder in die 70-er zurück – doch mit deutlich autobiografischen Anklängen. Luftig, leichtfüßig, aber auch melancholisch unterfüttert, erzählt er davon, wie Jugendliche erwachsen werden und eine Revolution scheitert.

KURIER-Wertung: ***** von *****

Info: "Die wilde Zeit". F 2012. 122 Mi. Von Olivier Assayas. Mit Clément Métayer, Lola Créton, Carole Combes.

Eine Giraffe wird geköpft, ein überdrehter Ganove kriecht am Boden und isst Hundefutter, ein Mann hat einen Busen aufgeklebt. Zugegeben, nicht alle Gags in „The Hangover Part III“ sind derart lahm, viele herzliche Lacher bietet das „epische Finale“ der Serie aber auch nicht. Um den Fans des Wolfsrudels etwas Neues zu bieten, schrieb Regisseur Todd Phillips diesmal keine Hochzeit und keinen Hangover (Kater) mit Gedächtnislücken ins Drehbuch. Der coole Phil, der Zauderer Stu und der verrückte Alan werden vollkommen nüchtern gezwungen, einen Gangster zu jagen. Doch der Road-Trip von Mexiko nach Las Vegas wirkt überdreht und kaum glaubwürdig. „Hangover III“ ist Klamauk, dem über weite Strecken die Lässigkeit seiner Vorgänger fehlt.

Die ausführliche Kritik zum Film finden Sie hier.

KURIER-Wertung: *** von *****

Info: "Hangover III". USA 2013. 100 Mi. Von Todd Phillips. Mit Bradley Cooper, Zach Galifianakis, Ed Helms.

"Hände in den Himmel“, singt Marc Pircher, und die Fans seiner Volksmusik strecken gehorsam schunkelnd die Hände in die Höh. Eine der beeindruckendsten Sequenzen der Doku der Österreicher Marco Antoniazzi und Gregor Stadlober. Das Regieduo begleitete ein Jahr lang den Schlagerstar, der singt, textet, managt, Interviews gibt, Fans trifft und wieder singt . Und niemals – professionell wie er ist – auch nur ein Glas Wein in der Hand hält. Volksmusik als Arbeitsalltag (und Pircher gibt ohne Scheu Einblick). Ein schönes Konzept , aber es hält nicht 90 Minuten. Irgendwann werden Besprechungen und Telefonate dann doch zu monoton, der Tiefgang der Doku zu untief. Publikumspreis der Diagonale!

KURIER-Wertung: **** von *****

Eigentlich ist der Hund ein Hund und keine Hündin – trotzdem heißt er Starlet. Er verrät viel über seine Besitzerin Jane, die auch gerne ein Starlet wäre – und so etwas ähnliches ist wie Schauspielerin. Jane hängt etwas verloren in Los Angeles ab und kauft auf einem Flohmarkt einer alten Dame eine Thermoskanne ab. Zu Hause entdeckt sie, dass Tausende Dollar darin versteckt sind. Aus schlechtem Gewissen heraus beginnt sie, sich mit der alten Lady anzufreunden. Sean Bakers bittersüßes Porträt einer jungen, einsamen Frau, die aus einer Laune heraus Verantwortung für eine Freundschaft übernimmt, ist von melancholisch-kalifornischer Schönheit. Mit Dree Hemingway, Urenkelin von Ernest.

KURIER-Wertung: **** von *****